Was ich bin, ist nichts- was ich suche, ist alles!
Wollte ich eine meiner wertvollsten Wegerfahrungen anführen-
so zählt dazu die Erkenntnis, dass der Weg erst dann leicht wird, wenn wir
bereit sind, mit diesem Leben zusammen zu arbeiten und ihm eine weise Führung
zugestehen, die fernab ist von allem, was wir jemals verstehen werden können.
Und es ist gut so- weil es in diesem Leben um ganz andere
Dinge geht wie Erfolg, materiellen Reichtum, Ansehen usw. Wir sind hier, weil
Gott uns unsagbar liebt und uns alle Chancen der Welt erteilt, in eine Form von
Liebesbewusstsein hineinzuwachsen, das wir so noch nie kennen lernten.
Nicht ohne Grund kam ein mir unbekannter Verfasser zu der
Feststellung:
„Was ich bin, ist nichts- was ich suche, ist alles.“
Genauso hätte er sagen können: Alles, was ich bisher im
Leben als ultimativ und erstrebenswert
ansah, hat im Grunde niemals meine tiefe Sehnsucht stillen können Immer
war da dieses Gefühl, dass das gewisse „Etwas“ fehlt- aber niemand in der
oberflächlichen Welt konnte mir sagen, was es ist.
Die folgenden Aussagen jener lebenserfahrenen Männer geben
ein Zeugnis davon ab, was ihrer Ansicht nach wirklich im Leben zählt und wir
werden merken, dass es absolut konträr zu dem steht, was uns ständig
übermittelt wurde/ wird.
Rumi zum Beispiel sagte:
Im Frieden ist derjenige,
der nicht davon betroffen ist,
ob er mehr oder weniger hat.
Rumi
Wodurch werden Glück und Würde
lange Zeit erhalten?
Durch nichts mehr als Bescheidenheit.
Unbekannt
Das ist die Erkenntnis der Natur:
Das Weiche, Schwache wird das Harte und Starke überdauern
Lao- tse
Am Ende zählt nur,
wie oft und wie tief wir liebten.
Von unbekannt
Wage ich nun einen kleinen Rundblick durch unsere
gegenwärtige Welt, dann finde ich komischerweise nur selten Bilder, die mir
etwas von gelebter Bescheidenheit, dem Weichen und Schwachen erzählen- von
Bildern des liebevollen Miteinanders! Da sind Schauplätze der Macht, des
Krieges, des Strebens um Ansehen, Gewinn. Da geht es eher nach der Devise: Auge
um Auge- Zahn um Zahn…….da wird die Schwäche des Schwachen ausgenutzt, um sich
selbst zu erheben!
Doch das ist Fakt:
Macht ist blind gegen Wahrheit und Recht-
ganz gewiss blind in bezug auf die Schönheit des Lebens.
Klages
Der Frieden- er kann sich aber erst einstellen, wenn die
Macht der Liebe stärker ist als diese Liebe zur Macht! Der Machtwille ist der
größte Feind des Menschen!Doch wann darf diese Erkenntnis in den Menschen
erwachen? Wann wird uns klar, dass auf uns ein ganz anderes Leben wartet- dass
vor allen Dingen Gott sehr geduldig auf uns wartet, bis wir uns für dieses
Leben und auch für die wahre Liebe öffnen! Auch wenn wir Gott nicht zugetan
sind- wir werden seine Absicht irgendwann spüren.
Gott lässt Gras wachsen auf den hohen Bergen-
aber als liebender Gott hat er seinen schönen Blumen
den Aufenthalt mehr im tiefen Tal angewiesen.
W. Raabe
Irgendwann, da werden wir unseren Lebensirrtum anerkennen
und wissen, dass der Schmerz in unserem Leben unerlässlich war/ ist, damit wir
in ein neues Bewusstsein wachsen können/ konnten- Stufe um Stufe. Je mehr wir
dann an unseren alten Wunden leiden, umso mehr wachsen wir in die neue
Wahrheit/ in unser neue Leben hinein.
„Trauer reinigt unser Haus, damit die Liebe einziehen kann.“
Gut, wir können nun abwinken, angesichts dieser Aussage-
doch Leben wird dranbleiben, indem es uns wieder und wieder in Situationen
steckt, in denen uns das Unbewusste bewusst gemacht wird. Und es handelt nicht
aus böser Absicht oder um uns zu quälen- es agiert im Sinne unserer Seele, die
nach ihrer Befreiung und dem Ausdruck unseres „Mensch- Seins“ ruft.
Lange genug haben wir an uns selbst vorbeileben müssen-
haben im Außen nach Lob, Erfüllung, Bestätigung, Aufmerksamkeit gesucht…..haben
gefragt: Was müssen wir denn tun, wie müssen wir sein, was müssen wir haben- um
der Liebe wert zu sein?
Diese Antwort aber finden wir niemals da draußen- diese
Antwort können und müssen wir uns selbst
geben! Nicht ohne Grund schrieb ich einst: Der Mensch muss bereit sein, sich
wenigstens für einen gewissen Zeitraum als Insel zu sehen, zurückgeworfen auf
sich selbst und alles, was er in sich spürt. Dazu fielen mir damals
unterschiedliche Bilder ein:
Ich treffe mich zu einem Rendezvous mit mir selbst-
ich trete vor den Traualtar des Lebens und gehe eine
Liebesheirat mit mir selbst ein…
Liest sich jetzt wieder recht egoistisch, selbstverliebt-
und doch ist es genau das, was die Voraussetzung darstellt, um überhaupt ein
fruchtbares Miteinander leben zu können.
Es gibt einen sehr schönen Satz, der lautet:
„Die neue Form von Beziehung : wir verschenken unser Haben!“
Doch um das zu ermöglichen, müssen wir uns im Vorfeld auf
die Suche machen nach den Schätzen, die wir in uns tragen- frei werden von der
Illusion, wir könnten uns selbst nichts geben, es seien lediglich die Anderen,
die uns unseren Wert aufzeigen! Alles Blödsinn. In uns, da ist eine Quelle, die
nur darauf wartet, wieder sprudeln zu dürfen!
Von daher sehe ich es
als dermaßen wichtig an, in welchem Umfeld wir uns bewegen. Ist es eine
Atmosphäre, in der wir wirklich wachsen können- die uns Bestätigung zuspricht,
die uns bereichert, die uns beim Laufen, Hinfallen und Aufstehen behilflich
sein kann? Finden wir jene Menschen, die so viel Eigenenergie haben, dass sie
sich über unser Glück und unser Fortkommen mitfreuen?
Der Weg ist gewiss nicht einfach zu gehen- er wird auch von
Rückschlägen gekennzeichnet sein, braucht viel Kraft zum Durchhalten- sehr viel
innere Einkehr- das dürfen wir uns immer wieder sagen. Doch wenn wir wissen,
wohin wir unterwegs sind, warum wir all die Strapazen auf uns nehmen, dann ist
da eine immense treibende innere Kraft!
Seele und Leben lassen uns ja nicht allein- immer und immer
wieder erhalten wir neue Impulse- werden mit unserem ganz individuellen
Problemtypus konfrontiert, damit wir ihn erlösen, damit wir uns von all den alten Fesseln befreien können.
Und eines dürfen wir nicht vergessen! Es ist dieses Kind in
uns!
Ich glaub, es war Martin Uhlemann, der einmal schrieb:
„Wir werden den Himmel auf Erden nur erschaffen können, wenn
wir das Kind in uns an die Hand nehmen und ihm unsere Zuwendung schenken!“
Ich steh voll zu seiner Aussage, auch wenn sie oft
bezweifelt wird. Wir dürfen und müssen uns aber vor Augen führen, dass dieses
verletzte, zum Teil gedemütigte, traurige, wütende, vernachlässigte, fragende,
sich nach Wärme und Liebe sehnende Kind bis zum letzten Tage in uns ist und uns
durch unser ganzes Leben begleitet! Wir nehmen es mit in Partnerschaften, in
zwischenmenschliche Begegnungen, in den beruflichen Bereich und sogar in dem
sexuellen Bereich wird es anwesend sein.
Pierre Stutz fand den
Mut, sich zu seinem Kind zu bekennen:
Mein inneres Kind
Mein inneres Kind hält in der Hand einen leuchtenden Stern,
der mich verspielt sein lässt.
Mein inneres Kind nimmt mich an die Hand-
begleitet mich zu dem Ort meiner tiefen Verwundung.
Mein inneres Kind begleitet mich auch zu meiner Lebenskraft
und Verletzlichkeit.
Mein inneres Kind erinnert mich liebevoll an die heilende
Kraft, die durch mich fließt.
Pierre Stutz
Sicher, da ist in uns ein Ort der tiefsten Verwundung, der
Verletzungen- aber dieser Ort spricht auch von einer Welt, die bis zum heutigen
Tage nichts von ihrer damaligen Schönheit verloren hat! Dieser tiefe Kern in
uns, hinter all den Schutzmauern- der lebt- es bedarf nur des sich Erinnerns!
Und hier findet sich ein Weg, indem wir uns auf das besinnen, was uns zu berühren
vermag- denn was uns berührt- ist auch
in uns- sonst könnten wir es nicht wahrnehmen. Wahrscheinlich zehrte ich immer,
wenn auch unbewusst von dem Umstand, dass ich den Kontakt zu meinem Kind nicht
verlor- ebenfalls unbewusst ließ ich mich von dem leiten, was in mir rief. Auch
wenn ich längst erwachsen bin- es hindert mich nicht daran, möglichst viele
Augenblicke zu kreieren und genießen, in denen mein Kind mit seinen Neigungen
und Wünschen einbezogen wird. Es heißt nämlich auch so passend:
„Glück ist die Erfüllung von Kinderwünschen“ und wer in sich
spürt, wird sich automatisch zu dem hingezogen fühlen, was auch in früher
Kindheit Freude, Spaß, Staunen bereitete. Nein, ich fühle mich nicht zu
erwachsen für die kindliche Freude in mir, weil das dabei entstehende Gefühl
ganze Bände spricht. Zudem bin ich mir mehr als bewusst, dass ich für dieses
Kind eine enorme Verantwortung trage, will es Schritt für Schritt in die
Heilung kommen.
„Mein inneres Kind erinnert mich liebevoll an die heilende
Kraft, die durch mich fließt.“
Da gibt’s einen ganz besonderen Song mit dem Inhalt:
„Sag mir, ob du verstehst, dass wir ein Wunder sind- auch
wenn diese Welt immer blinder wird für Wunder. Mit uns wurde ein Wunder wahr,
wenn unsere wundervollen „Wunderfinder Kinderaugen“ wieder glänzen!“
Ich weiß- es liest sich gewöhnungsbedürftig, fragwürdig in
einer nüchternen abgeklärten kalten berechnenden Welt wie dieser- und doch wird
es der einzige Weg sein, um in unseren Seelenfrieden zu kommen. Wir haben ja eh
nichts zu verlieren, wenn wir uns das unsichere Machtgebilde da draußen
anschauen, das seine Stabilität längst verloren hat. Ich hab mir irgendwann
vorgenommen: Ich brauche ETWAS, das mich durch alle Zeiten hindurchträgt, das
mir eine Sicherheit verleiht, die mir niemand mehr nehmen kann! Und das ist
halt das Gefühl, in mir selbst daheim zu sein! Da kann doch im Außen passieren,
was will- mein Haus steht auf festem Fundament und wenn der Sturm noch so tobt!
Wenn ich mich am letzten Tage noch einmal zurückbesinne auf
mein Leben, um mich an die schönsten Phasen zu erinnern, dann wird es definitiv
die Zeit sein, als ich mich aufmachte in meinen Seelenfrieden. Und ich werde
nicht mit Groll auf all den vorangegangenen Schmerz blicken, sondern ein Lächeln im Gesicht
tragen- weil ich weiß: es war gerade der Schmerz, der mich reisefähig machte-
halt dieser Aufenthalt im tiefen Tal des Lebens!
Die Sonne lehrt uns die Sehnsucht nach dem Licht,
doch es ist die Nacht, die uns zu den Sternen erhebt.
Khalil Gibran
Pierre Stutz hatte ähnliche Gedanken:
„Ohne Frage, wir sind herausgefordert- die Nacht, das
Schwere, den Schmerz anzunehmen und in unser Dasein einzubinden, doch im
Nachhinein werden wir diese heilende Kraft der Nacht erkennen, in deren Stunden
die Liebe in uns neu geboren wurde.“
Sind wir etwa der Ansicht, unser Leben würde ins Leere
laufen- wäre lediglich ein Gemisch aus Freud, Leid, Erfolg und Misserfolg? Oh
nein, ganz gewiss nicht- Leben ist so viel mehr, wenn wir ihm seine
unergründliche Tiefe zugestehen. Wir müssen nicht alles verstehen, einordnen,
vorhersehen können- wir müssen nur vertrauen, dass alles, so wie es ist in
jedem Augenblick einer höheren Ordnung unterliegt, die genau weiß, warum es so
oder so geschehen muss. In jedem Moment wird immer das Richtige geschehen- es
bedarf nur des Vertrauens.
*Linda*
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