Wir lesen im Buch unserer Eltern, doch wir lesen nicht, wie
kostbar das Leben ist!
Es fällt nicht schwer, aus all meinen Niederschriften zu
entnehmen, was mein besonderes Anliegen ist- wofür ich innerlich brenne! Noch
ist es der Traum von den „neuen“ Menschen, die den Mut finden, für sich selbst
aufzustehen, ihr authentisches klares So- Sein zum Ausdruck zu bringen und das
Leben zu führen, das wirklich zu ihnen gehört.
Da ist dieser eine kurze Hinweis, der mir irgendwann zu
denken gab:
„Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder
lesen.“
Ich weiß, diese Thematik der frühen Zeit schnitt ich sehr
oft an- doch nicht unbegründet, denn nichts war und ist folgenschwerer für
unser gesamtes Leben, als das, was in diesen Büchern einst geschrieben stand.
Ich wage sogar zu sagen: Werden wir uns dieser Inhalte nicht irgendwann
bewusst, dann werden sie unser Dasein bis zum letzten Tage beeinflussen.
Längst bin ich aus der Haltung heraus, auch nur einen
Menschen aufgrund seines Verhaltens zu verurteilen, in irgendeine Schublade zu
stecken. Für mich steht stattdessen die eine große Frage im Raum: Was stand in
dem Buch seiner/ ihrer Eltern geschrieben? Mit welcher eingeatmeten Lebens-
bzw. Weltanschauung zog der Mensch in sein Leben? Mehr als jemals zuvor
vertrete ich heute die Ansicht, dass das, was wir da an Grundsätzen und
Lebensbildern aufnahmen, sich dermaßen in uns manifestierte, dass es für uns
zur ultimativen Lebenswahrheit wurde.
Es verhält sich für mich folgendermaßen:
„Was Hänschen einmal lernte, das vergisst Hans nimmermehr!“
Natürlich schreib ich das nicht von ungefähr, weil mir in
vielen Begegnungen bewusst wurde, wie sehr sich all das Aufgenommene der
Kindheit in erwachsenen Verhaltensweisen und Ansichten widerspiegelt. Nein, man
mag diese Rückschlüsse nicht ziehen, denn es scheint aufgrund der zeitlichen
Distanz zu weit hergeholt.
Ob das, was ans Kind vermittelt wird gut, richtig,
erfüllend, zukunftstauglich ist, das kann ein kleines Wesen nicht beurteilen-
denn es nimmt alles an, ohne zu hinterfragen. Was in dem Buch der Eltern steht,
wird von da an auch seinen Platz im
Lebensbuch des Kindes, des Jugendlichen und sogar des Erwachsenen finden. Es
sei denn- der Mensch beginnt irgendwann im Leben diese Niederschriften zu
hinterfragen, um im Gegenzug zu beginnen, seinen eigenen Roman zu verfassen-
nach seinen Wahrheiten und gewachsenen Erkenntnissen. Wir können uns da auch
nichts schönreden, denn unsere Erziehung war auf die Zielsetzung des gängigen
Systems ausgerichtet- sprach uns in unserer Individualität ganz gewiss nicht
an. Wir wurden ganz klar gesagt für das System passend gemacht.
Diese anerzogene Angepasstheit stößt irgendwann schrecklich
bitter auf, genau dann, wenn man sich mit dem auseinandersetzt, was wirklich in
einem ruft. Sich dann einzugestehen, dass man lediglich ein willkommenes
Zugpferd für das System war, ist ernüchternd.
Nicht von ungefähr
kam ich mal zu der Vorstellung, dass unsere Welt einer großen Bühne gleicht ,
auf der jeder Mensch halt seine eingeatmete/n Rolle/n spielt, inklusive der
dazugehörigen Glaubenssätze, die alles untermauern. Das würde logischerweise
aber auch bedeuten, dass man uns, wenn auch unbewusst, zu Schauspielern erzog, die sich lediglich für
die Ausübung ihrer Rollen entsprechende Gewänder überziehen. Wenn Goethe also
von den vielen Häuten sprach, dann kann
er durchaus die vielen Rollengewänder gemeint haben.
Doch eine Rolle bleibt eine Rolle , es sei denn, es gelingt
, sich daraus zu befreien und das ist nach so viel Zeit der
selbstverständlichen Rollenausübung wahnsinnig schwierig- denn irgendwann
begann man ja, sich in der Rolle wohl zu fühlen- gar nicht mehr zu merken, was
man sich da antut.
Der Mensch hat viele Häute abzuwerfen,
bis er sich seiner selbst und der weltlichen Dinge
einigermaßen sicher ist.
Goethe
Es gibt da nämlich so eine Wahrheit:
„Die düstere Wolkendecke der Gewohnheiten, Ängste,
Glaubenssätze, Muster und Rollen enthält uns das Licht des Lebens vor, das wir
brauchen, um unser Licht zu erkennen.“
Von unbekannt
Worum geht es im Leben wirklich?
Theodor Adorno hats benannt:
„Der Sinn des Lebens ist,
die Welt im Ich zu gestalten.“
Ich weiß nicht, wer es sagte, aber sein Tipp lautete: Jeder
Mensch sollte wenigstens beim Heimkommen den Verstand an der Garderobe ablegen,
um sich dann voll und ganz den Seelenwünschen
zu widmen.
Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir uns eingestehen, Zeit
unseres Lebens mit dem Verstand unterwegs gewesen zu sein- dieser Stimme in
uns, die permanent erzählte, wie wichtig es ist, erfolgreich, anerkannt,
beliebt zu sein- etwas im Außen darzustellen! Ohne Frage, mit ihm lassen sich
große Erfolge erzielen – mit ihm lässt sich gut Brot verdienen, doch er wird
uns niemals verdeutlichen, wie sich
wahre Liebe, echte Freundschaft, Leichtigkeit, Freude, Unbeschwertheit
anfühlen. All das ist nämlich nur in der Seele daheim- es gibt keinen anderen
Ort und nur von hier aus werden wir die Schönheit des Lebens erfahren.
Es gibt kein richtiges Leben
im falschen.
Theodor Adormo
Ich könnt auch sagen: Das, was „sie“ uns als lebenswert
demonstrieren, das ist ein Überleben, mehr nicht, weil es mit unseren tiefsten
Seelenwünschen gar nichts zu tun hat.
Nun kann auch ich von dem Buch erzählen, in dem ich als Kind
las und bin heilfroh, dass es mir vergönnt war, zwei ganz unterschiedliche
Kapitel kennen zu lernen. Da war ein Vater, der mich in die Richtung der
Perfektion, des Leistungsstrebens, des äußeren Erfolges führte- der mich auf
den Überlebenskampf vorbereitete- da war aber auch meine Mutter, die mir durch
ihr Sein unbewusst vermittelte: Vergiss niemals, in dein Reisegepäck die Liebe,
die Hoffnung, das Vertrauen und deinen Glauben an Gott zu packen!
Ja, ich verstaute folglich eine bunte Mischung in meinen
Rucksack und könnte sagen: Zum einen lernte ich, mein Herz zu härten fürs Leben
– auf der anderen Seite, es weich zu halten für alles Schöne. Ich erhielt zudem
ein großes Geschenk vom Leben: Bis zum 12. Lebensjahr durfte ich mich als ein
unbeschwertes Kind auf blühenden Wiesen sehen, denn ich wuchs dermaßen naturnah
auf, dass ich Tag für Tag, zu jeder Jahreszeit mit ihr verbunden war.
Diese 12 Jahren mussten reichen, um den Weg ins Leben
anzutreten und ich zehrte von der harten Unterweisung meines Vaters- ohne
Frage- sonst wäre ich anfangs untergegangen! Es war schwer, immer wieder diese
Balance zu finden, in bestimmten Situationen ein hartes Herz zu zeigen und doch
im Kern so verletzlich und sensibel zu
sein. Irgendwie hab ich es hinbekommen, waren da auch viele Irrwege, Umwege,
Sackgassen, eiskalte Gewässer….doch mein starker Glaube an Gottes Führung war mir
Strohhalm. Ich sagte mir einfach: Alles, was ich erlebe, geht erst an IHM
vorbei und ER wird wissen, wozu es gut ist.
Das, was ich in den
letzten 6 Jahren an „innerem Prozess“ durchlebte- war- im Nachhinein gesehen
nichts Anderes, als diese alten mittlerweile
überflüssigen Häute des Verstandes abzuwerfen. Soll ich sagen- es war
letztendlich notwendig, mich der Wahrheiten meines Vaters zu entledigen- mich
von dem Gedanken zu befreien, dass der Sinn des Leben darin besteht, sich in
perfekt, immer leistungsstark und ja- sagend zu zeigen- seine Gefühle außen vor
zu lassen- und Leben als einen Kampf zu sehen? War es nicht viel wichtiger,
sein Herz weich zu halten für die Schönheit des Lebens, so, wie meine Mutter es
mich lehrte?
Mag nur meine Ansicht sein- aber irgendwie hatte ich genau
die richtigen Eltern, um meinen Weg in diese Einsichten gehen zu können.
Heute kann ich alles nur mit einem zustimmenden Kopfnicken
begleiten- denn heute weiß ich um das wahre Anliegen des Lebens. Und das hat
rein gar nichts mit dem Überlieferten zu tun.
So steht’s geschrieben:
„Leben ist bestrebt,
sich zu seinem höchsten Potential emporzuschwingen, verbunden mit der Heilung
jedes unwahren (Kindheits)- Gedanken. Leben möchte uns in unserem Licht und in
unserer inneren Schönheit.“
Dafür tut es alles,
denn unsere Zeit hier ist eine
Einladung, um all das abzuwerfen, was unserer inneren Schönheit im Weg steht.
Wir sind hier, um uns wieder an uns zu erinnern – so wie wir als unverformte
Kinder waren- und dazu erhalten wir viele viele Gelegenheiten, um uns ganz neu
zu erschaffen. Wir sind nicht die Leistung, der äußere Erfolg, die Perfektion,
der „immer gut drauf- Mensch“- wir sind die Freude, die Liebe, das Mitgefühl,
das Verständnis, die Toleranz, das Lachen, die Sanftheit, die Zärtlichkeit, das
sensible Empfinden!
Und wir können es schaffen, wenn wir uns vor Augen führen:
„Wir sind nicht das
Leid- wir sind unsere Heilung.
Wir sind nicht das
Schloss- jeder ist der Schlüssel.
Und suchten wir
ständig den Schatz im Außen-
dieser Schatz ist in
uns verborgen.
Alle Fülle ist seit
ewig IN UNS.“
Dass wir bereits
alles in uns tragen- das dürfen wir getrost annehmen- wir müssen uns nur auf
die Suche machen, es ist wahrlich nicht schwer. Wir werden uns finden durch die
Momente der Freude und des Schmerzes. Irgendwann beschrieb ich diese Suche mal
als die Suche nach den verloren gegangenen Seelenanteilen und fand heraus:
Immer, wenn mich etwas berührt, froh und glücklich stimmt,
dann gehört das zu mir.
Empfinde ich allerdings ein Unwohlsein, dann wird es ein
Teilchen sein, das noch erlöst werden will.
Leben und Seele sind ja so nett, bescheren uns auf uns
abgestimmte Situationen, menschliche
Begegnungen- damit wir die Möglichkeit haben, unsere Teilchen zu finden und uns
nach und nach ganz neu zusammen zu setzen. Menschen kommen in unser Leben, weil
sie uns erinnern möchten, wer- wir- wirklich sind.
Erinnern tu ich mich gerade an eine Passage aus „Gespräche
mit Gott“. Es ging um die Frage, auf welche Weise man ein glückliches Leben
erschafft und Gottes Antwort war:
„Lass nur den größten Gedanken zu – den Gedanken der Freude.
Sprich immer nur ein klares Wort- es ist das Wort der
Wahrheit.
Lasse nur das höchste Gefühl zu und das ist das Gefühl der
Liebe.“
Ich könnte das Ganze auch in Kurzform anführen, denn
eigentlich braucht man nur die Freude zu suchen und schon erschafft sich das
glückliche Leben wie von allein. Die Freude nämlich ist die Grundnahrung jeder
Seele und jeder, der in sich hineinfühlt, spürt doch genau, wann die
Augenblicke der besonderen Freude spürbar sind. Das allein sollte Richtung
geben und ist in jedem Bereich umsetzbar- sogar für den beruflichen.
Da darf man sich dann halt die Frage stellen, warum man
eigentlich die Tätigkeit ausübt!
Ist es nach Verstandessicht des Geldes, des Ansehens, der
guten Zukunftschancen wegen oder spüre ich Erfüllung und bin mit ganzer Seele
dabei?
Warum ist man zum Beispiel in einer Partnerschaft? Spricht
sie von Verstandesgründen der Sicherheit, von dem Maß an Ansehen oder gar von
Gewohnheit?
Oder ist Partnerschaft eine wunderbare Gelegenheit,
miteinander zu wachsen, vielleicht sogar über sich hinauszuwachsen und Leben
gemeinsam in seiner höchsten Form der
Schönheit zu genießen- immer mehr man selbst zu werden- um irgendwann sagen zu
können: Ja, ich habe MICH neu gefunden und MICH in all meinen Facetten gelebt!
Ich denke, es ist zu verstehen, was ich hier gegeneinander
abwäge. Zum einen ist es das, was uns von jeher als erstrebenswert angepriesen
wurde- zum Anderen weist es auf eine neue Definition und Dimension von
Leben hin, die es ermöglichen, dass der Mensch in seiner
Individualität erblühen kann. Wir sollten dabei nicht vergessen, dass dieser
Ausdruck der Einzigartigkeit ein Urbedürfnis des Menschen ist! Nur- man hat es
in dieser Gesellschaft nie so ernst damit genommen, weil Masse besser zu führen
und zu beeinflussen ist!
Doch der Mensch der Masse wird sich niemals um seine
Seelenbedürfnisse kümmern können, weil ihm untersagt ist, seinen eigenen Tanz
zu tanzen. Wir sind aber Originale und gar nicht für die Polonaise gedacht. Mit
sehr gutem Gefühl dürfen wir beginnen,
unseren eigenen Lebensroman zu schreiben- gemäß unserer Bedürfnisse,
Vorstellungen und Wünsche, auch wenn wir vielleicht anecken, abgelehnt werden,
nicht verstanden werden.
All das sollten wir uns wert sein- denn es ist ein
wunderschönes Geschenk, dieses Leben!
*Linda*
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