Seelen wollen atmen
„Das Wichtigste im Leben finden wir nicht durch intensive
Suche, sondern so, wie man eine Muschel am Strand findet. Im Grunde findet es
uns.“
Diese erlesene Lebensweisheit erklärte ich irgendwann einmal
zu der wertvollsten Wahrheit des Lebens, weil ich erkannte, dass wir unser
Dasein so viel planen und durchorganisieren können, wie wir wollen:
Letztendlich wird es sich so entwickeln, wie es der Seele gefällt. Nicht der
Verstand führt Regie im Leben, sondern die Stimme in unserem Inneren!
Dass es
so ist, bestätigte sich mir gestern
Abend während der Sendung „Stern TV“. Da war eine junge Frau, gebürtig aus
Berlin- jetzt als Rancherin wohnhaft in Afrika und das absolut glücklich und zufrieden. Sie beschrieb
ihre frühere innere Unruhe, dieses unerklärliche Gefühl, irgendwie auf der
Suche zu sein, um doch nie zu finden. Eigentlich hatte sie gar keinen Grund zur
Klage- da war ein lukrativer Job, eine schöne Wohnung in Berlin…..und dennoch
vermisste sie irgend ETWAS! Erst eine Urlaubsreise nach Afrika öffnete ihr
Augen und auch Seele, um zu erspüren, dass genau hier das Leben , bzw. die
Arbeit in der freien Natur auf sie wartete, nach dem sie sich , wenn auch
unbewusst immer gesehnt hatte. Ihren Worten nach hat sie diese Entscheidung
keine Sekunde bereut! Sie ist angekommen- IN SICH selbst, weil sie sich das
Geschenk machte, dem Ruf der Seele zu folgen und nicht dem des Verstandes.
Ohne Frage erhielten meine gewachsenen Thesen durch diese
Frau sehr viel Bestätigung, weil ich seit Langem sage: Beziehen wir den Ruf der
Seele nicht in unser gesamtes Leben mit ein, dann werden wir unser wahres Glück
niemals finden! Wir können nicht ignorieren, was an Energie leben und vor allen
Dingen atmen will! Hier dürfen wir uns getrost auf das so weise Leben verlassen,
denn es wird uns ohne unser Zutun und Planen exakt das bringen, was für unser
individuelles Dasein und unseren Weg von Bedeutung ist. Wir sind nicht zufällig
in dieser oder jener Situation, wir
begegnen nicht zufällig diesen oder jenen Menschen- alles ist von höherer
Stelle durchaus gut durchdacht – alles trägt ein ganz bestimmtes Muster in
sich, dessen Struktur wir niemals
entschlüsseln werden. Und das ist gut so, denn ich sage schon heute:
Irgendwann werden wir uns vor der Weisheit dieses Lebens verbeugen in der
Erkenntnis, dass es so viel mehr gibt zwischen Himmel und Erde, als der Verstand erfassen kann.
Diese Welt, wie
wir sie kennen, lebt vom Oberflächlichen und erkennt die Tiefe nicht an. Wir
können die ganze Welt bereisen, ohne Probleme, doch sind in unserer eigenen
Seelenwelt noch nicht angekommen. Uns
stehen die modernsten technischen
Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung- doch sind wir auch in der
Lage, von Mensch zu Mensch eine authentische ehrliche tiefe Kommunikation auf
Seelenebene zu führen, indem wir den Anderen
wirklich sehen, verstehen, uns in ihn hineinversetzen?
Ich werde den Eindruck nicht los, dass uns jeder Fortschritt
auf der äußeren Ebene immer weiter von uns selbst und voneinander entfernt-
dass der tiefe Wert des Menschlichen immer belangloser wird in dieser
schnelllebigen, erfolgs- und konsumorientierten Zeit.
Was aber möchte der Mensch wirklich oder klarer gesagt diese
innere Stimme in uns?
Es ist, wie Tim Bensko es besingt: „Wir leben in einer
Scheinwelt, Grund genug, um uns endlich auf uns selbst und unsere tiefen
Bedürfnisse zu besinnen.“ Vielleicht ist die Songpassage bekannt. „Wir bleiben
wach, bis die Wolken wieder lila sind und schneiden uns von den Fäden ab!“
Ich denke, dieses Entsorgen aller gesellschaftlichen
Fäden ist eine der produktivsten
Handlungen, die wir vollziehen können zum Wohle unserer Seele, was nichts
Anderes heißt, als dass wir uns von all dem befreien, was uns seit Ewigkeiten
an Glücks-Wahrheiten bindet, die gar keine sind. Ich erinnere mich an die
Begegnung mit einer Frau, die mit dem Zug in unseren eher beschaulichen kleinen
Ort reiste und bekannte: „Ich wohne in Hamburg und ich bin es so was von Leid-
diese Welt, in der Leistung und Ansehen scheinbar alles sind. Ich suche einen Ort,
an dem ich mich einfach wohlfühle.“
Eigentlich, so nehme ich an, erspürt jeder Mensch irgendwann
im Leben diese Diskrepanz zwischen dem Eingeatmeten und dem, was wirklich
erfüllend ist- obwohl es hierzulande immer noch eine Schwierigkeit darstellt, das
Richtige für sich herauszufiltern. Wir erhalten ja keinerlei Anregung oder
Ermutigung, die uns dazu aufruft, unsere Bedürfnisse schlichtweg nur zu
erfühlen und alles Unwesentliche auszusortieren!
Dann würden wir vielleicht merken, dass all das Äußere niemals
die innere Sehnsucht stillen kann, sondern der Seele sogar noch die Luft zum
Atmen nimmt. Darum bin ich der festen Überzeugung, dass Leben und Seele alles daransetzen, um jeden von uns in die passende
Richtung zu führen. Da sind dann halt
entsprechende Aufwachsituationen, die uns innehalten lassen- da kommt dann die
eine oder andere Schmerzphase, Krise und das nicht, um uns böse mitzuspielen,
sondern , damit wir in ein neues Bewusstsein wachsen, für unser Leben
Verantwortung übernehmen und uns von der Sklaverei des Verstandes für immer verabschieden.
Dazu müssen wir still werden, in uns hineinlauschen, um zu
erspüren, was uns wirklich ein Bedürfnis ist. Wir können uns der Tatsache nun
mal nicht entziehen, dass wir Menschen aus Fleisch und Blut sind, voller
mannigfaltiger Gefühle, mit ganz eigener Geschichte und mit sehr einfachen
Wünschen.
Wir brauchen kein 8. Smartphone, auch nicht die neueste
Automobilausführung oder das 50. Paar Schuhe- wir sehnen uns nach dem Gefühl
des daheim seins- IN UNS und in der Gemeinschaft mit Anderen: verstanden
werden, sich fallen lassen können, angenommen werden, sich so zeigen, wie wir sind – ohne unsere zig
Verstandeshäute. Es ist nicht übertrieben, wenn da jemand schreibt: „Wir müssen
in unsere Unschuld zurückfinden, denn unser Herz bleibt bis zum letzten Tage
dieses unschuldige, liebenswerte Kind.“ Ist es verständlich, wenn ich davon
spreche, dass uns die oberflächliche Welt hier nicht entgegenkommt? Sie meint
uns Menschen!! nicht - so wars schon immer und so wird es bleiben, wenn wir
nicht für uns die Reißleine ziehen.
Nun können wir nicht alle nach Afrika in den Busch
auswandern- aber wir können Verantwortung übernehmen für unser persönliches
Glück. Aus dem Grund bin ich dazu übergegangen, mir meine eigene kleine Welt zu
erschaffen, in der auch für mein verletztes inneres Kind und meine Seele ganz
viel Platz und Raum ist. Denn nur mit meinem Kind an der Hand und im Herzen
finde ich den ersehnten Frieden in meinem Leben.
Das hab ich mir zum Ziel gemacht und damit geht es mir sehr
gut.
Weniger gut geht es wohl den Frauen, die ebenfalls in der
Sendung „Stern TV“ zu Worte kamen:
Frauen, die über häusliche Gewalt berichteten, den Mut
aufbrachten, mit ihrer schweren
Lebenssituation an die Öffentlichkeit zu gehen. Angeschaut hab ich mir dieses
nicht weiter- doch ich dachte nur: Mit Sicherheit wird es auf der Welt noch
viel mehr solcher Frauen, aber auch Männer geben, die in der Partnerschaft
körperliche Übergriffe erleben. Und dann fragt man sich: Was ist denn aus der
Liebe geworden, die diese Menschen einst miteinander verband- kann denn das
PARTNERschaft sein, wenn einer über den Anderen herrscht? Nein, ich möchte
nicht verurteilen, weil ich längst weiß, dass im Grunde des Herzens kein Mensch
einen anderen wirklich verletzen möchte- dass aber sehr oft die eigene
Vergangenheit, sich dieses zum Teil schwer verletzte Kind ein Ventil sucht. Und oft genügt nur eine
leise Seelenberührung, eine Erinnerung an den alten Schmerz und schon schreit
das Kind auf!
Irgendwann kam ich zu der Erkenntnis, dass nicht nur meinen
Partnern und mir, sondern auch vielen anderen Menschen eine ganz wichtige
Voraussetzung fehlte, um überhaupt eine stabile langjährige Liebesbeziehung
führen zu können. Wir gingen Verbindungen ein, ohne zuvor gelernt zu haben,
allein zu laufen- in uns rief das verletzte Kind nach Wärme, Liebe , einem
Platz der Geborgenheit – doch es rief auch nach Heilung seiner Wunden. Aber wir
waren viel zu jung, um das erspüren zu können, um darin den tiefen Sinn unseres
Zusammenseins zu entdecken. Stattdessen
legten wir über alles Dunkle, über jeden Schmerz ein Tuch und verfielen genau
da ins Schweigen, wo wir hätten reden müssen- es sollte einfach nicht weh tun-
wir wollten nicht an den alten Schmerz erinnert werden. Doch dieser Schmerz war
ja nicht fort- er suchte sich kontinuierlich immer wieder seinen Weg und
verursachte irgendwann sehr viel Reibereien im Miteinander.
Nein, ich spreche niemals von Schuld, sondern auch hier von
einem Geschenk der Erfahrung an mich, denn sonst wäre ich nicht aufgewacht.
Heute sehe ich es anders: für eine glückliche Partnerschaft
braucht es zwei Menschen, die sehr bewusst und verantwortungsvoll mit dem
Geschenk des Zueinanderfindens umgehen. Leben führt keine Menschen „nur so“
zusammen- jeder von beiden bringt die idealen Voraussetzungen mit, damit eine
gegenseitige„Wundheilung“ gewährleistet ist. Wenn dann diese Verbindung noch
von der tiefen Liebe zueinander getragen wird, dann ist das eine der
wertvollsten Grundvoraussetzungen, um sich gegenseitig zu heilen. Sehr oft
teilen diese Menschen die gleiche innere Zerbrochenheit, das viel zu frühe
Schmerzempfinden oder haben in früher Zeit die selben Glaubenssätze eingeatmet.
So findet Zerbrochenheit zu Zerbrochenheit- aber z. B. auch Perfektion zu Perfektion, gesteigertes
Leistungsstreben zu dem selbigen. In jeder zwischenmenschlichen Begegnung wird das Gegenüber gleich eines Spiegels
sein, in den wir schauen dürfen, um unsere unerlösten Seelenanteile zu
erkennen. Und es wird an dem sein: So lange uns ein Mensch noch verletzen kann,
auch wenn es unbewusst geschieht, so lang ruft es in uns nach liebevoller
Zuwendung unserer unerlösten Schatten. Aus dieser Perspektive erwächst nämlich
die Erkenntnis: Es geht in diesem Leben, egal, in welcher Situation wir
stecken, welcher Mensch uns begegnet- immer um unsere tiefe Heilung und Ganzwerdung. Darum
sind wir hier! Es wird niemals ein neuer Schmerz sein- sondern alles Leid, das
wir verspüren, ist bereits in uns drinnen. Es ist Kindheitsleid.
Ich erinnere mich an ein Ehepaar, das dem Perfektionismus,
dem Leistungsstreben den absoluten Vorrang im Leben verlieh- so lang, bis die
Ehefrau unheilbar an Krebs erkrankte. Und da gab der Ehemann zu bedenken: „Diese
Krankheit hat uns die Augen( ich sag mal Seele) geöffnet, ließ uns innehalten
und abwägen, was wirklich wichtig ist im Leben.“
Was kann es Wichtigeres geben als die Gesundheit und
vielleicht ein paar Gänge im Leistungsrad zurück zu schalten, um das Geschenk
der gemeinsamen Partnerschaft zu genießen, denn die Liebe zueinander sollte
immer an erster Stelle stehen und niemals vom Verstandes-Perfektionsgedanken
überfahren werden.
Was ist mit diesem jungen Ehepaar, welches bei einer Ärztin vorstellig
wurde mit dem Wunsch nach künstlicher Befruchtung? Beide absolute Arbeitstiere-
sehr karrierebewusst- so sehr, dass sie im ganzen Stress über Jahre sogar das
sexuelle Miteinander außen vorließen und nur noch die Option der künstlichen
Befruchtung in Erwägung zogen. Kann es das sein? Darf es das sein? Ist das der
Sinn im Leben, dass der Mensch das Künstliche vorziehen muss, weil für die
Liebe keine Zeit, kein Platz mehr ist in einer Gesellschaft der strebsamen
Leistungserbringer, gejagt vom Verstand, verfolgt von
Kindheitskonditionierungen?
Es steht außer Frage, dass solche Konditionierungen in Bezug
auf Leistungsstreben entsprechende Erfolge, Machtstellungen bringen- doch was
nützt es im Endeffekt, wenn die Seele währenddessen vor lauter Ignoranz
erstickt? Haben solche Menschen dann
eigentlich wirklich gelebt oder einfach nur zur Freude des Systems gut
funktioniert?
Ich fand entsprechende „Erfolgszitate“:
„ Erfolg kann einen Lebensweg nicht ersetzen.“
Erika Pluhar
„Das gefährlichste aller Rauschgifte ist der Erfolg.“
Billy Graham
„Bei vielen Erfolgsmenschen ist der Erfolg größer als die
Menschlichkeit.“
Daphne de Maurier
Ich denke, jeder Mensch sollte sich irgendwann im Leben einmal
bewusst zurücklehnen mit den Fragen: Was habe ich in meiner Kindheit durch
meine Erzieher an Zielvorrichtungen, Bildern fürs Leben mit auf den Weg
bekommen? Kann es sein, dass ich mein Leben nach alten Glaubenssätzen aufbaute,
ohne mich jemals zu fragen, was meine innere Stimme dazu sagt? Schau ich mich
in der oberflächlichen Welt um, dann kann ich mich nicht von dem Eindruck lossprechen,
dass dieses Streben nach Erfolg, Gewinn, sich präsentieren dermaßen Oberhand
gewonnen hat, dass die so wichtigen menschlichen Grundwerte der Ehrlichkeit,
der Transparenz an Bedeutung verlieren- Erfolg um jeden Preis? Kann es das sein?
Ich führe mir auch die Gedanken eines Autors vor Augen, der
sich in einer Partnerschaft befand und sehr
verantwortungsvoll mit dem Schmerz seines inneren Kindes umging, indem
er sagte:
„Ich brauche für mich diesen Raum des Rückzugs,
in dem ich sein kann, wer ich nie sein durfte…
in dem ich enttäuscht wurde,
mich unverstanden fühlte,
niemand meine Gefühle wahrnahm-
niemand meine Schönheit sah-
einen Raum für meine Ängste, meine Wut- meine vielen
Fragen…..“
Mich hat diese Offenheit des Mannes damals sehr berührt,
weil ich wusste, wovon er sprach.
Diese liebevolle verständnisvolle Hinwendung zum inneren
Kind ist der einzige Weg, um irgendwann von innerer Befreiung sprechen zu
können. Es geht nicht um eine vollkommene Gesundwerdung- das wird je nach
Seelenverletzung nicht möglich sein- aber es geht um die bewusste Zuwendung
unserem verletzten Kind gegenüber- weil es sonst nie aufhören wird , nach
unserer Liebe, Aufmerksamkeit, Wertschätzung zu rufen. Dieses Kind wird bis zum
letzten Tage unser Begleiter sein und möchte jetzt, da wir die Kraft und das
Bewusstsein haben, mit uns durch unser Leben gehen.
„Seelen wollen atmen“- diese Überschrift wählte ich nicht
ohne Grund, weil ich es für die Basis eines lebendigen Lebens halte. Wir alle sehnen uns nach Freude,
Liebe, Lachen, Leichtigkeit zurück- doch all dies finden wir nur in der Seele,
nirgendwo anders. Dazu braucht es ein Herz, das von der Sklaverei des
Verstandes befreit ist. Die junge Frau, welche nach Afrika auswanderte, war von
argen Vorzweifeln geplagt, schrieb sich sogar selbst einen Mutmachbrief, ganz
verständlich- sah sie sich im Vorfeld schon als Nahrungsquelle für die Löwen-
und doch war der innere Ruf so stark, dass sie alle Ängste überwand. Ja, sie
sprang über ihren eigenen Schatten, wuchs über sich selbst hinaus – aus Liebe
zu sich selbst.
Ich weiß aus eigenem Erleben- die Seele ist von ungeheurer
Kraft, wenn sie spürt, dass wir sie wieder wahrnehmen- denn dann ist da ein
Sog, ein Ziehen, eine Impulsgebung, unerklärlich. Da ebnet sich der Weg von
ganz allein und der begleitende Schmerz wird zur Nebensache- weil man spürt,
dass genau dieser Weg der richtige ist und dass es hinter allem , was wir je verstehen
können, etwas geben muss, für das sich jede noch so schmerzhafte Wegstrapaze
lohnt…………..Geheimnis und Wunder des Lebens!
*Linda*
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