Die Treue zu uns selbst ist der Weg in die Freiheit
Wie das nun mal so ist mit den zufälligen Situationen, kam
ich am Sonntag in den Fernsehgenuss, mir das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“
anschauen zu dürfen. Mir wurde sehr schnell klar: Genau das ist ja ein Spiegel
unserer Gesellschaft!
Da war ein selbst verliebter Kaiser, der sich zu seinem
Geburtstag ein super edles Gewand wünschte, in dem er glänzen konnte. Und da
war ein Weber ( der aber eigentlich nichts von seinem Handwerk verstand) – dem
es aber gelang, einen ganzen Hofstaat samt Volk hinters Licht zu führen oder
soll ich sagen- weg von ihrer eigentlichen Wahrnehmung? Aus der Befürchtung
heraus, man könne als dumm dastehen - würde man sagen, was man wirklich sieht- ging der ganze Verein in die Haltung über,
etwas zu befürworten, anzuerkennen, hochzujubeln, schönzureden, was der eigenen
Wahrnehmung gar nicht entsprach.
Irgendwie wars schon lustig, sich anzuhören, anzuschauen,
wie dieses „Nichts“ in den Genuss kam, in den allerschönsten Farben und seiner
Schönheit erstrahlen zu dürfen……bis dann halt ein kleiner Junge das
scheinheilige Kartenhaus zusammen fallen ließ mit den ernüchternden Worten:
„Das, was ihr da zur Wahrheit erklärt und
und bejubelt, das ist ja gar nicht vorhanden!“
Wie konnte es so weit kommen? Es war einfach diese Angst,
weniger zu gelten, als dumm dazustehen- würden sie dem folgen, was sie wirklich
fühlten. Und wenn dann noch eine große Mehrzahl an Menschen dies ebenfalls
befürwortete- dann musste es ja richtig sein! Dann war man auf der richtigen
Seite- auch wenn dieses Gefühl innen drin etwas ganz Anderes erzählte!
Zum Glück gabs ja dann die Erlösung in Form der Wahrheit und
man sah die Menschen regelrecht aufatmen und ich zog hier spontan eine
Parallele zur heutigen Zeit. Sie ruft nämlich genau nach diesem Gefühl des
Aufatmens- verbunden mit der Erkenntnis, dass es keine andere Wahrheit gibt,
bzw. geben darf, als nur die, die wir IN
UNS verspüren! Diese leise Stimme, sie wird uns ein zuverlässiger
Richtungsweiser sein und das in allen Bereichen unseres Lebens.
Ganz bewusst entschied ich mich heute für die Überschrift:
„Die Treue zu uns selbst ist der Weg in die Freiheit“…..wir
müssen wieder lernen, uns selbst zu vertrauen!
Es gibt keine andere Option, als in die Haltung zu wachsen,
uns selbst treu zu sein- doch da ist ein Handicap: Haben wir überhaupt jemals
lernen dürfen, dieser Stimme in uns zu vertrauen oder hat man uns die Antworten
damals gegeben, bevor wir unsere Fragen stellten?
Ohne Zweifel, ich stehe seit Langem zu der gewachsenen Erkenntnis, dass in jedem
Menschen dieser wunderschöne Kern der vollkommenen Liebe beheimatet ist- völlig frei von Suchen und
Brauchen – er ist quasi eins mit sich selbst, vergleichbar mit dem in sich
ruhenden und aus sich heraus lebenden Kinde. Und alles, was die natürliche
Schönheit dieses Kerns verdeckt, das
spricht zumeist die Sprache des frühen Einflusses der Erwachsenen.
Darum frag ich mich vor jeder menschlichen Einschätzung: Mit
welchen Glaubenssätzen wurde der kleine Mensch damals ins Leben gesandt? Was
wurde ihm erzählt über den Sinn, bzw. die Schönheit des Lebens? Wie hoch war
das Maß an emotionaler Zuwendung, der Vermittlung von Geborgenheit, Wärme?
Auch wenn es nur meiner Ansicht entspricht: Das, was da damals eingeatmet wurde- das
lässt uns nicht mehr los und spiegelt sich in unser kompletten „erwachsenen“
Lebensanschauung wie Lebenshaltung wieder! Darum sollte man sich viel öfter der
Biografie eines Menschen zuwenden, um eine Erklärung für vielleicht
unverständliches Verhalten zu finden. Da
wir nämlich zumeist von den Eltern in die Leistungs- und Erfolgsspur gedrängt
wurden- konnte nichts anderes dabei rauskommen. Hätte man uns stattdessen auf
die vorrangige Bedeutsamkeit des liebevollen
mitfühlenden Miteinanders hingewiesen- die ganze Welt wäre heute eine andere.
Doch wenn wir Glück
haben- dann meldet sich irgendwann im Laufe des Lebens diese innere Stimme , um
uns darauf hinzuweisen, dass es nichts
Wichtigeres geben kann, als das, was wir wirklich in uns wirklich fühlen! Dann nehmen wir
Abstand wie in dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ von der Schönrederei und
Huldigung des „Nichts“- weil es uns nämlich gar nicht glücklich machen kann. Es
entspricht zwar der erlernten Vorstellung unseres Verstandes – doch nicht den
Wünschen unserer Seele! Und Seele- das ist unsere wahre gottgegebene Natur!
Diese eine Stelle in dem Lied: “Wenn sie tanzt- ist sie
woanders und sie ist auch WER anders“, gibt Zeugnis des Vorbeilebens an uns
selbst, denn so lange wir in Situationen stecken, die uns „WER anders“ sein
lassen, sind wir nicht wir selbst! In dem Moment nehmen wir der Seele die Luft
zum Atmen.
Vielleicht brechen
bei solchen Erkenntnissen ganze Kartenhäuser des Verstandes zusammen-
doch das wird auch der Weg in unsere Befreiung sein! Wir können nicht leben,
was wir von innen gar nicht zu 100% vertreten! So werden wir niemals glücklich.
Einer Studie nach wird nicht nur von einer ungebremsten
Beschleunigung in unserer Gesellschaft gesprochen, sondern auch davon, dass dieser
Leistungsgedanke sich kontinuierlich im Privatbereich ausgebreitet hat. Wann
bin ich eine gute Mutter/Hausfrau- ein perfekter Vater? Wann bin ich ein guter
Partner- was macht ein erfülltes Sexualleben aus? Wie sieht der perfekte
Partner aus? Wann liebe ich eigentlich „richtig“?
Haben wir uns schon einmal gefragt, woher wir die
entsprechenden Informationen beziehen oder bezogen haben? Sind sie in uns
herangewachsen oder haben wir uns die Antworten im Außen geholt?
Ich denke mal, das Letztere ist eher der Fall, wo sie uns
doch „so schön“ von unserem inneren Erleben und Fühlen abschnitten! Doch sind
die Antworten, die Bilder im Außen wirklich unsere gefühlte Wahrheit? Wenn ich
daran denke, welche Bilder uns vermittelt werden- oft dermaßen an der Realität vorbei-
mit der Tendenz, in den Menschen Minderwertigkeitsgefühle hervorzurufen! Da
werden Idealbilder präsentiert, die im
Alltäglichen gar nicht umzusetzen sind.
So verhielt es sich mit dem Werbeslogan:
„Alle 11 Minuten verlieben sich bei uns zwei Menschen!“
Da fragt sich doch jeder normale Mensch voller
Selbstzweifel: „Wie machen die das bloß? Was haben sie, was ich nicht habe?
“Ehrlich gesagt, hat mich gerade diese Werbung sehr verärgert, denn mir wurde
wieder bewusst, wie nachlässig mit der Liebe umgegangen wird! Es treffen zwei
wildfremde Menschen aufeinander, um sich in 11 Minuten!!!! ihre Liebe zu
gestehen??? Da kann allenfalls Sympathie bekundet werden- mehr nicht! Doch
irgendwie passt es ja zu unserer schnelllebigen Gesellschaft, dass sich auch
die Liebe auf Knopfdruck einstellt! So sieht es unser Verstand- doch was würde
die Seele sagen? Würden wir ihrer Stimme lauschen, dann würde sie uns
zuflüstern:
Die wahre Liebe ist gleich einer zarten Pflanze, die ihre
ganz bestimmte Zeit des Wachstums benötigt. Es geht um eine ganz behutsame
Annäherung – um den Aufbau des Vertrauens- darum, dass zwei Seelenmelodien
miteinander im harmonischen Einklang schwingen.
Allerdings muss ich noch hinzufügen, dass diese
Liebes-Plattform ihren Werbeeinspieler abgemildert hat und nun nur noch von
Flirtmöglichkeiten spricht. Das lasse ich dann mal gelten.
Was die Definition der Liebe betrifft: dies ist für mich
seit Langem ein sehr wunder Punkt- denn wahre Liebe, sie ist das kostbarste
Geschenk, das wir im Leben erfahren dürfen
und jede Abwertung verurteile ich
extrem!
Mir ist auch bewusst: Unseren Erziehern war es aufgrund der
eigenen Mangelsituation nicht möglich, uns diese Liebe vorzuleben- waren sie
doch selbst in sich und ihren Konditionierungen gefangen! Da saß dann halt der Verstand in Übergröße
auf seinem Thron und ließ verkünden: “Willst du geliebt werden- dann hast du
dafür etwas zu tun, etwas zu sein! Umsonst gibt es die Liebe jedenfalls nicht!
Die musst du dir verdienen- durch Erfolg- Disziplin- Perfektion- Leistung! Dann
erst bist du der Liebe wert!“
Oh, welch ein fataler Trugschluss- was wurde der Liebe damit
angetan?
Immer, wenn ich mich in diesem Gedankenkreis bewege, würde
ich am liebsten ein überdimensionales Radiergummi nehmen und alle diese trügerischen
Kindheitsgedanken ausradieren! Diese „gestrigen“ Gedanken haben mit der
Wahrheit nichts zu tun und vor allen Dingen verleihen sie der Liebe ein völlig
verzerrtes Bild!
Wahre Liebe nämlich, sie ist frei von jeder Bedingung, sonst
ist es keine Liebe! Liebe stellt keine Forderungen, erwartet nichts, braucht
nichts- es gibt auch keine Verpflichtung. Diese Liebe will frei sein in ihrem
Ausdruck und einfach nur lieben!
Wahre Liebe hat mit dem Verstand rein gar nichts zu tun –
wahre Liebe ist Ausdruck der Seele und Seele
sucht nicht nach den angeblich so wichtigen äußeren Kriterien , sondern
nach dem gefühlten Einklang, nach einer Seele, die sie glücklich macht, bei der
sie sich einfach geborgen, angenommen und verstanden fühlen darf.
Mit Sicherheit wünsch ich mir oft, ich wäre schon früher auf
dieser Bewusstseinsebene daheim gewesen- ich hätte mir viel Kummer erspart,
doch damals war ich halt weit entfernt von meinem Innenleben und bezog meine
Wahrheiten aus dem Verstand. Da hab ich dann auch tüchtig mit der Masse das
eigentlich nicht vorhandene „Nichts“ für gültig erklärt…nur, ehrlich gesagt, war es immer mit Schmerz
verbunden.
Wie sagte Christian Morgenstern einmal:
Leben ist die Suche des „Nichts“ nach dem Etwas!“
Ich denke, dass genau darum unsere innere Sehnsucht auch nie
aufhören wird- weil da halt die unbekannte Schönheit des „Etwas“ auf uns
wartet- „Etwas“, an das wir uns nur wieder erinnern müssen- wenn der Verstand
schweigt und die Seele erblüht.
*Linda*