Freitag, 28. Oktober 2016

Das Geschenk der Zeit







Das Geschenk der Zeit


Weihnachten – das Fest der Nächstenliebe, wie es  genannt wird, rückt immer näher. Schau ich mich in den Geschäften um, blättre in Prospekten oder verfolge aktuell einige Werbespots- wird jetzt schon dafür gesorgt, dass ich es auch bloß  nicht vergesse! Was diesen damit zusammenhängenden gesteigerten Konsum betrifft-  hatte ich schon immer ein recht gespaltenes Verhältnis - doch es gibt diesbezüglich auch Anregungen, die mich absolut ansprechen. 


Da ist zum Beispiel ein Werbespot mit dem Aufruf: Schenk doch jenen, die du liebst, mal deine Zeit und wähle als Geschenk ein gemeinsames Wochenende im Baumhaus! Irgendwie scheint die Idee gewöhnungsbedürftig, nicht wahr- mag auch nicht jedermanns Geschmack treffen- doch darum geht es  nicht. Was mir so zusagt, ist der Grundgedanke: Was kann es Wertvolleres geben, als denen, die ich wertschätze und liebe, meine Zeit zum Geschenk zu machen, um diese miteinander zu genießen?  


 Gut, auch dieser Baumhausgeschenkgutschein ist mit Kosten verbunden- doch der Fokus ist anders gelagert, die so gängigen Prioritäten verschieben sich. Ich schenke meine Zeit, ich schenke mich!! Davon ab, ich ordne diese Geschenkidee absolut in die Kategorie der „neuen“ Zeit ein- denn was weckt so ein Aufenthalt im Baumhaus für Kindheitserinnerungen? Das ist doch Erleben pur- fast so wie beim Effekt vom Kinderschokoladenei: Spaß, Spiel, Spannung garantiert! Also rundum eine geniale Geschenkidee!


Wie schon betont, sehe ich allerdings den Fokus in dem Geschenk der Zeit, die miteinander verbracht wird. Ich weiß, es bedarf wieder einmal des Umdenkens, doch es gibt für mich Dinge im Leben, die kann man mit keinem Geld der Welt bezahlen! Ob es nun um die geschenkte Zeit, das geschenkte Vertrauen, das Mitgefühl geht, das bewusste verständnisvolle geduldige Zuhören, das vermittelte Gefühl: ich bin in dieser Begegnung ganz bei dir und dem, was dich beschäftigt- immer sind dies Haltungen, die auf tiefer Seelenebene vollzogen werden. Sie sind völlig kostenlos und doch werden sie es sein, die im Nachhinein als wertvolle Erinnerung bleiben. Kein käuflich erworbenes Präsent wird jemals das ersetzen können, was ich vom Menschlichen her einer anderen Person vermittle! 


Nein, auch das ist niemals an uns herangetragen worden- schien in den Bereich des Banalen zu fallen- doch wenn wir uns wirklich mal zurücknehmen, in uns hineinspüren- dann kommen wir nicht umhin, gerade diesen Haltungen einen ganz besonderen Wert zuzusprechen. Dieses bewusste wertschätzende Füreinanderdasein findet keinen Ersatz! Das ist für mich, auch in Hinblick auf das bevorstehende konsumbetonte Weihnachtsfest verwirklichte Nächstenliebe! 

Muss gerade bei der Vorstellung etwas schmunzeln, wenn ich mal davon ausgehe, dass wir Menschen uns dazu entschließen würden- unsere Zeichen der Nächstenliebe beim Weihnachtsfest mal ganz anders zu verpacken! Was wäre, würde der Fokus wirklich darauf liegen, dem gemeinsamen Beisammensein den allerhöchsten Stellenwert zu vermitteln- und den käuflichen Dingen den minimalsten Wert zuzusprechen? Ich glaube, da wäre der Einzelhandel überhaupt nicht mit einverstanden- denn da reibt man sich ja angesichts des gewinnbringenden Umsatzes schon jetzt die Hände!


Das Glück, es braucht keine bunten Schleifen und auch keine Jahreszeit und darum hängt bei mir seit einem Jahr durchgängig  der Schriftzug „XMAS“ aus Holz an der Wand- ist halt immer Weihnachten bei mir oder sagen wir mal- der weihnachtliche Grundgedanke! Auch wenn es das Fest der Liebe ist- doch mir kommt es angesichts der ausgeprägten Konsumfreudigkeit stets so vor, als würden die Menschen  zum Fest die geballte Ladung an Liebeszeichen verschenken und kaum sind wir aus den Feiertagen heraus- sinkt die „Liebeskurve“ auch schon wieder ab. 

Nein, ich spreche mich nicht gegen das Schenken aus- lasse  Kinder bei diesen Gedanken eh außen vor – aber für mich hat halt das Fest dann seinen ursprünglichen Sinn verloren, wenn die Tische vor lauter Präsenten zusammenbrechen und das Maß der Liebe an dem Wert des Käuflichen festgemacht wird. Liebe, Wertschätzung- das lässt sich nicht in Euros festmachen und auch nicht an einem einzigen Festtag zum Ausdruck bringen. Ist ja, als würde ich den Knopf „Bitte heute Liebe schenken“ drücken , weil Weihnachten ist  und weil alle Welt es so handhabt! 


Für mich sind es die leisen Zwischentöne im Verlauf des Jahres, die viel viel mehr aussagen, denn wenn die Melodie der gegenseitigen Wertschätzung, Zuwendung, des Aneinanderdenkens- des Füreinander da seins- des Mitgefühls, der Sorge erklingt, ohne dass zeitliche Erwartungen erfüllt werden wollen- dann erkenne ich den wahren Wert . 

Nichts ist schlimmer als das Schenken aus einem Pflichtgefühl heraus, denn das hat mit dem Wesen der Liebe rein gar nichts zu tun und das ist auch nicht der Sinn des Schenkens. Es sollte schon von Herzen kommen. Weils so gut passt: dieses Baumhausgeschenk ist ohne Zweifel ein Herzensgeschenk!
Was ist nun das Besondere, wenn es von Herzen kommt? 

Ganz einfach- was von Herzen kommt, das  wandert auch zu Herzen oder anders gesagt-  dann ist die Seele der freudige Empfänger, weil die Präsente auf ihre Empfangsantennen zugeschnitten sind. Ich bring da ein bisschen Erlebniswert mit hinein und darf sagen, dass so ein Präsent dann gleich eines Spiegels meiner Innenwelt ist- denn ich erkenne mich zweifelsohne darin wieder.

Sicher, diese Form des Schenkens erhebt einen gewissen Anspruch an die schenkende Person, denn es gilt, sich während der Überlegungen intensiv in mich hinein zu versetzen- quasi für eine Zeit in meine Welt einzutauchen, die eventuell mit der ihren rein gar nicht übereinstimmt! Abstand nehmen von sich selbst und hineinfühlen in den anderen!

Ich lass mich unheimlich gern beschenken, war bereits als Kind so und meine Freude beginnt grundsätzlich schon beim Auspacken! Allein die  Sicht auf ein  liebevoll verpacktes Präsent beschert mir vorab   den ersten Glücksmoment. Nie und nimmer würde ich das Geschenkpapier hastig herunter reißen- nein, ich genieße  den Augenblick der Vorfreude sehr sehr sehr intensiv! Und dann sag ich mir bei jedem Präsent: Dies hat die schenkende Person  nur für mich so sorgsam eingepackt, ihre Wertschätzung mit eingebunden  und sich für dies oder das Geschenk entschieden, weil sie weiß, dass es meiner Seele Freude bereitet!


Ich denke, es ist zu verstehen, dass es mir niemals auf den Kostenpunkt eines Präsentes ankommt- ist  völlig nebensächlich. Es ist die Tiefe der Seelenberührung, die Antwort auf die Frage gibt: Wie sehr war der/ die Schenkende bei mir als dem Menschen, der ich bin und das ist völlig unabhängig vom materiellen Wert. Es ist allein der Gedanke, der zählt.


Ich schau gerade an eine Wand  und da hängen seit Monaten zwei  gemalte Bilder eines dreijährigen Mädchens, welches bei mir zu Besuch war. Irgendwann kam es zu mir, überreichte sie mir mit den Worten: „Du, die hab ich für dich gemalt!“ Wir suchten zusammen einen schönen Platz aus und nun werden die Bilder für lange Zeit dort hängen- ohne Rahmen- ohne materiellen Wert, aber von Herzen kommend!

Genau solche Augenblicke bleiben in meiner Erinnerung und kein Bündel mit Geldscheinen wäre in der Lage, das dabei empfundene Gefühl in mir wachzurufen. Immer werden es diese Berührungen der Seele sein, die ihre wohltuenden Spuren hinterlassen, die uns auch zu späterer Zeit ein Lächeln ins Gesicht zaubern!
Es ist nicht immer das Große, Teure,  Laute, Sichtbare, Perfekte- was unserer Seele Freude bereitet, weil sie in ihrer Sensibilität, wie betont, diese Zwischentöne der menschlichen Seelenmelodien bevorzugt.
Da kann  der Ausspruch: “Wie schön, dass es dich gibt!“- eine wohltuende Woge  der Freude auslösen! Da reicht ein kleines Lächeln im Vorübergehen, welches man uns schenkt! 


Das hat dann für mich irgendwie den Hauch von Weihnachten!

©*Linda*

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