Das Geschenk der Zeit
Weihnachten – das Fest der Nächstenliebe, wie es genannt wird, rückt immer näher. Schau ich
mich in den Geschäften um, blättre in Prospekten oder verfolge aktuell einige
Werbespots- wird jetzt schon dafür gesorgt, dass ich es auch bloß nicht vergesse! Was diesen damit
zusammenhängenden gesteigerten Konsum betrifft-
hatte ich schon immer ein recht gespaltenes Verhältnis - doch es gibt
diesbezüglich auch Anregungen, die mich absolut ansprechen.
Da ist zum Beispiel ein Werbespot mit dem Aufruf: Schenk doch
jenen, die du liebst, mal deine Zeit und wähle als Geschenk ein gemeinsames
Wochenende im Baumhaus! Irgendwie scheint die Idee gewöhnungsbedürftig, nicht
wahr- mag auch nicht jedermanns Geschmack treffen- doch darum geht es nicht. Was mir so zusagt, ist der
Grundgedanke: Was kann es Wertvolleres geben, als denen, die ich wertschätze
und liebe, meine Zeit zum Geschenk zu machen, um diese miteinander zu
genießen?
Gut, auch dieser
Baumhausgeschenkgutschein ist mit Kosten verbunden- doch der Fokus ist anders
gelagert, die so gängigen Prioritäten verschieben sich. Ich schenke meine Zeit,
ich schenke mich!! Davon ab, ich ordne diese Geschenkidee absolut in die
Kategorie der „neuen“ Zeit ein- denn was weckt so ein Aufenthalt im Baumhaus für
Kindheitserinnerungen? Das ist doch Erleben pur- fast so wie beim Effekt vom
Kinderschokoladenei: Spaß, Spiel, Spannung garantiert! Also rundum eine geniale
Geschenkidee!
Wie schon betont, sehe ich allerdings den Fokus in dem Geschenk
der Zeit, die miteinander verbracht wird. Ich weiß, es bedarf wieder einmal des
Umdenkens, doch es gibt für mich Dinge im Leben, die kann man mit keinem Geld
der Welt bezahlen! Ob es nun um die geschenkte Zeit, das geschenkte Vertrauen,
das Mitgefühl geht, das bewusste verständnisvolle geduldige Zuhören, das
vermittelte Gefühl: ich bin in dieser Begegnung ganz bei dir und dem, was dich
beschäftigt- immer sind dies Haltungen, die auf tiefer Seelenebene vollzogen
werden. Sie sind völlig kostenlos und doch werden sie es sein, die im
Nachhinein als wertvolle Erinnerung bleiben. Kein käuflich erworbenes Präsent
wird jemals das ersetzen können, was ich vom Menschlichen her einer anderen
Person vermittle!
Nein, auch das ist niemals an uns herangetragen worden- schien
in den Bereich des Banalen zu fallen- doch wenn wir uns wirklich mal
zurücknehmen, in uns hineinspüren- dann kommen wir nicht umhin, gerade diesen
Haltungen einen ganz besonderen Wert zuzusprechen. Dieses bewusste
wertschätzende Füreinanderdasein findet keinen Ersatz! Das ist für mich, auch
in Hinblick auf das bevorstehende konsumbetonte Weihnachtsfest verwirklichte
Nächstenliebe!
Muss gerade bei der Vorstellung etwas schmunzeln, wenn ich mal
davon ausgehe, dass wir Menschen uns dazu entschließen würden- unsere Zeichen der
Nächstenliebe beim Weihnachtsfest mal ganz anders zu verpacken! Was wäre, würde
der Fokus wirklich darauf liegen, dem gemeinsamen Beisammensein den
allerhöchsten Stellenwert zu vermitteln- und den käuflichen Dingen den
minimalsten Wert zuzusprechen? Ich glaube, da wäre der Einzelhandel überhaupt
nicht mit einverstanden- denn da reibt man sich ja angesichts des
gewinnbringenden Umsatzes schon jetzt die Hände!
Das Glück, es braucht keine bunten Schleifen und auch keine
Jahreszeit und darum hängt bei mir seit einem Jahr durchgängig der Schriftzug „XMAS“ aus Holz an der Wand-
ist halt immer Weihnachten bei mir oder sagen wir mal- der weihnachtliche
Grundgedanke! Auch wenn es das Fest der Liebe ist- doch mir kommt es angesichts
der ausgeprägten Konsumfreudigkeit stets so vor, als würden die Menschen zum Fest die geballte Ladung an Liebeszeichen
verschenken und kaum sind wir aus den Feiertagen heraus- sinkt die „Liebeskurve“
auch schon wieder ab.
Nein, ich spreche mich nicht gegen das Schenken aus- lasse Kinder bei diesen Gedanken eh außen vor –
aber für mich hat halt das Fest dann seinen ursprünglichen Sinn verloren, wenn
die Tische vor lauter Präsenten zusammenbrechen und das Maß der Liebe an dem
Wert des Käuflichen festgemacht wird. Liebe, Wertschätzung- das lässt sich
nicht in Euros festmachen und auch nicht an einem einzigen Festtag zum Ausdruck
bringen. Ist ja, als würde ich den Knopf „Bitte heute Liebe schenken“ drücken ,
weil Weihnachten ist und weil alle Welt
es so handhabt!
Für mich sind es die leisen Zwischentöne im Verlauf des Jahres,
die viel viel mehr aussagen, denn wenn die Melodie der gegenseitigen
Wertschätzung, Zuwendung, des Aneinanderdenkens- des Füreinander da seins- des
Mitgefühls, der Sorge erklingt, ohne dass zeitliche Erwartungen erfüllt werden
wollen- dann erkenne ich den wahren Wert .
Nichts ist schlimmer als das Schenken aus einem Pflichtgefühl
heraus, denn das hat mit dem Wesen der Liebe rein gar nichts zu tun und das ist
auch nicht der Sinn des Schenkens. Es sollte schon von Herzen kommen. Weils so
gut passt: dieses Baumhausgeschenk ist ohne Zweifel ein Herzensgeschenk!
Was ist nun das Besondere, wenn es von Herzen kommt?
Ganz einfach- was von Herzen kommt, das wandert auch zu Herzen oder anders gesagt- dann ist die Seele der freudige Empfänger,
weil die Präsente auf ihre Empfangsantennen zugeschnitten sind. Ich bring da
ein bisschen Erlebniswert mit hinein und darf sagen, dass so ein Präsent dann
gleich eines Spiegels meiner Innenwelt ist- denn ich erkenne mich zweifelsohne
darin wieder.
Sicher, diese Form des Schenkens erhebt einen gewissen Anspruch
an die schenkende Person, denn es gilt, sich während der Überlegungen intensiv
in mich hinein zu versetzen- quasi für eine Zeit in meine Welt einzutauchen,
die eventuell mit der ihren rein gar nicht übereinstimmt! Abstand nehmen von
sich selbst und hineinfühlen in den anderen!
Ich lass mich unheimlich gern beschenken, war bereits als Kind
so und meine Freude beginnt grundsätzlich schon beim Auspacken! Allein die Sicht auf ein liebevoll verpacktes Präsent beschert mir
vorab den ersten Glücksmoment. Nie und nimmer würde
ich das Geschenkpapier hastig herunter reißen- nein, ich genieße den Augenblick der Vorfreude sehr sehr sehr intensiv!
Und dann sag ich mir bei jedem Präsent: Dies hat die schenkende Person nur für mich so sorgsam eingepackt, ihre
Wertschätzung mit eingebunden und sich
für dies oder das Geschenk entschieden, weil sie weiß, dass es meiner Seele
Freude bereitet!
Ich denke, es ist zu verstehen, dass es mir niemals auf den
Kostenpunkt eines Präsentes ankommt- ist
völlig nebensächlich. Es ist die Tiefe der Seelenberührung, die Antwort
auf die Frage gibt: Wie sehr war der/ die Schenkende bei mir als dem Menschen,
der ich bin und das ist völlig unabhängig vom materiellen Wert. Es ist allein
der Gedanke, der zählt.
Ich schau gerade an eine Wand und da hängen seit Monaten zwei gemalte Bilder eines dreijährigen Mädchens,
welches bei mir zu Besuch war. Irgendwann kam es zu mir, überreichte sie mir
mit den Worten: „Du, die hab ich für dich gemalt!“ Wir suchten zusammen einen
schönen Platz aus und nun werden die Bilder für lange Zeit dort hängen- ohne
Rahmen- ohne materiellen Wert, aber von Herzen kommend!
Genau solche Augenblicke bleiben in meiner Erinnerung und kein
Bündel mit Geldscheinen wäre in der Lage, das dabei empfundene Gefühl in mir
wachzurufen. Immer werden es diese Berührungen der Seele sein, die ihre
wohltuenden Spuren hinterlassen, die uns auch zu späterer Zeit ein Lächeln ins
Gesicht zaubern!
Es ist nicht immer das Große, Teure, Laute, Sichtbare, Perfekte- was unserer Seele
Freude bereitet, weil sie in ihrer Sensibilität, wie betont, diese Zwischentöne
der menschlichen Seelenmelodien bevorzugt.
Da kann der Ausspruch: “Wie
schön, dass es dich gibt!“- eine wohltuende Woge der Freude auslösen! Da reicht ein kleines
Lächeln im Vorübergehen, welches man uns schenkt!
Das hat dann für mich irgendwie den Hauch von Weihnachten!
©*Linda*
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