Der Weg führt in die Mitte…
Manchmal sind es ganz kurze Texte, die es dennoch schaffen,
dass ich mich mal wieder zurücklehne, um mir vor Augen zu führen, warum wir oft
ziellos durch unser Leben irren…...um zu suchen, zu suchen und doch nicht zu
finden.
Folgender Videotext stimmte mich nachdenklich und ich gebe
ihn einfach mal so wieder, wie gelesen:
„Der CDU- Politiker Wolfgang Bosbach sieht das Pilgern als
Chance zur Selbstfindung. Er sagte:
„Wir leben in einer unglaublich schnelllebigen Zeit!“ und
verwies auf die permanente Mediennutzung. Pilgern führe zur Ruhe und zur
Einsamkeit. Es ermögliche ein Nachdenken darüber, worauf es im Leben ankommt. Ohne
ein solches Innehalten ende man wie der „Fliegende Holländer“: alles gesehen
und nie zu sich selbst gefunden.“
Da ist also ein 65- jähriger Mann, gewiss mit einem großen
Pensum an Lebenserfahrung ausgestattet. Genau diese Lebenserfahrung hat ihn
eines gelehrt: Wenn wir uns nicht der
Ruhe und Einsamkeit verschreiben-
bewusst innehalten, dann werden wir irgendwann von dieser Welt gehen, ohne
jemals zu uns selbst gefunden zu haben, bzw. den wahren Sinn des Lebens erkannt
zu haben.
Dieser Vorhersage stimme ich zu- denn ich habe mich einst
der Wahrheit geöffnet und sie lautet halt: Der moderne fortschrittliche Mensch
kann sich zwar kaufen, was er will, ist in der Lage, die ganze Welt zu
bereisen- doch wird am Ende vermissen, die Welt IN SICH niemals entdeckt und
erobert zu haben.
Ohne zu übertreiben- aber dieser Umstand ist mehr als
tragisch, wenn ich bedenke, dass der tiefe Sinn des Lebens lautet: Wir sind hier
auf Erden, um der Mensch zu sein, der wir wirklich sind.
Am Ende wird es nämlich völlig nebensächlich sein, was wir
an materiellen Dingen ansammelten- welchen Dr. Dr. Titel wir erarbeiteten. Am
Ende wird nur eines von Bedeutung sein: Haben wir es geschafft, in diesem Leben
den Menschen zu verkörpern, der wir wirklich sind? Ist es uns gelungen, unser
Herz zu öffnen für die Liebe?
Nun schau ich mich ja gern in unserer Welt um und entdecke
nur selten eine Bestätigung dieser
These. Scheinbar ist die Zielsetzung eine völlig andere, wozu Albert Schweitzer
einmal sagte:
„Der moderne Mensch wird in einem Tätigkeitstaumel gehalten
damit er nicht zum Nachdenken über den Sinn des Lebens und die Welt kommt.“
Albert Schweitzer
Seiner Erkenntnis nach wird also in dieser so
fortschrittlichen Welt eher alles darangesetzt, dass der Mensch erst gar nicht
dazu kommt, innezuhalten und in sich zu gehen! Nicht zu vergessen, die Palette
der unendlichen Möglichkeiten, „prima“ von sich abzulenken….insbesondere die
Medien laden ja Tag für Tag aufs Neue ein……der Stille oder inneren Einkehr zu
entsagen.
Ja, ich weiß aus eigenem Erleben: Wer gibt sich schon gern
der Stille hin – wer ist schon erpicht darauf, dass diese Ruhe einen mit Fragen
belästigt, die unangenehm werden könnten oder dass wir in der Situation des
Alleinseins womöglich mit uns selbst konfrontiert werden?
Ich war in der letzten Beziehung, glaub ich, einer der
besten Flüchter, den man sich nur vorstellen kann, denn insgeheim wusste ich
natürlich, dass ich „grandios“ etwas lebte, was meinen eigentlichen
Bedürfnissen nicht entsprach. Doch warum auch immer- ich zog es vor, mir weiter
etwas schönzureden, es so lange hinzubiegen, bis es passte……und denke heute:
Hätte ich mich in der Beziehung diesen tiefen Wahrheiten gestellt, es hätte ein
riesiger Abgrund auf mich gewartet….ich hatte einfach Angst vor der Wahrheit
und jedem Absturz. Wer hätte mich aus dieser Situation befreit?
Für die Haltung der Untreue zu mir selbst musste ich einen
hohen Preis bezahlen, denn Schmerz,
Unzufriedenheit, innere Leere, Zerrissenheit und das Gefühl der Ausweglosigkeit
wuchsen und wuchsen, bis ich mich als bewegungsunfähig empfand und gefühlt dem
Tod näher als dem Leben.
Ja und dann meldete sich Gott zu Wort- anders vermag ich es
heute nicht zu sehen. Als gar nichts mehr ging- als ich das Maß der
Selbstverleugnung auf die Spitze getrieben hatte…da schenkte er mir eine lange
Phase der absoluten Einsamkeit. 24 Stunden, Tag für Tag, nur mit mir allein!
Diese Situation macht was mit dem Menschen, denn ich hatte die Wahl: weiter zu
flüchten oder mich endlich dem zu stellen, was in mir an Chaos vorhanden war!
Ich glaub, ich spürte damals intuitiv, dass ich hier von Gott die größte Chance
meines Lebens erhielt, um mich endlich von den alten Fesseln der Kindheit zu
befreien. Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen:
Es gibt letztendlich kein endgültiges Entrinnen vor uns
selbst- irgendwann holt uns diese innere Stimme ein. Sie erzählt uns etwas über
unser wahres Sein, über unsere tiefen Wahrheiten, Bedürfnisse und Sehnsüchte.
Ersticken wir/ ignorieren wir sie, werden Schmerz oder oft auch Krankheit die
Folge sein. Kein Mensch kann auf Dauer an sich selbst vorbeileben. Dazu sind
wir auch nicht hier.
„Wer mit sich selbst im Frieden leben will, muss sich so
akzeptieren, wie er ist.“.
Selma Lagerlöf
Sich so anzunehmen, wie man von Gott gedacht ist- das führt
in den ersehnten inneren Frieden. Es ist nicht nur ein Annehmen, es ist eine
radikal gelebte gesunde Selbstliebe- ein bedingungsloses JA zu ALLEM; was uns
ausmacht. Und hier ist es, wie schon betont, unwichtig, über was wir uns da
draußen auf der Bühne definieren, was Andere von uns erwarten, ob wir „ihnen“
gefallen …….wichtig ist nur das, was uns im Inneren bewegt- ob in hell oder
dunkel, willkommen oder ungeliebt. Niemand in der gängigen Welt wird uns jemals
den inneren Frieden bescheren können, das ist eine ganz persönliche
Einstellungssache. Diese, ich nenne sie intensive Liebesbeziehung zu uns
selbst, ist Basis für alles Weitere. Wir dürfen unser verletztes enttäuschtes
inneres Kind nicht außen vorlassen- es braucht seinen unbedingten Raum, der ihm
Möglichkeit gibt, das zu heilen, was damals so sehr schmerzte.
Ich weiß, da sind Ängste, weil jedes Hinabtauchen in unsere
Schluchten gewisse Erinnerungen wachruft- doch dieses Kind wird ja dadurch
nicht ausradiert- es lebt weiter und weiter in uns und bittet um Zuwendung.
„Kinder erleben nichts so scharf und bitter wie Ungerechtigkeit.“
Charles Dickens
Was da damals mit uns geschehen ist, es war für uns nicht
nachvollziehbar……und hat lebenslangen
Schmerz hinterlassen. Er kann aber nur verschwinden, wenn wir ihn auch
anschauen.
Es sollte wohl so
sein, dass mir der Videotext heute Morgen noch eine andere Aussage bot:
„Selbst wenn du nichts getan hast in deinem Leben,
außer dein Herz zurückzubringen
und wieder in die Gegenwart Gottes zu versetzen,
obwohl es jedes Mal wieder fortlief,
nachdem du es zurückgeholt hast….
dann hast du dein Leben wohl erfüllt.“
Franz von Sales
So einfach kann nämlich das Leben sein!
An dieser Stelle reagiert ein Mensch wie ich mit einem
zufriedenen Lächeln, denn wieder wird mir vor Augen geführt, worum es in diesem
Leben wirklich geht. Sein Text berührte mich , denn die Aussage ist so wahr: Es
reicht in diesem Leben vollkommen aus, wenn wir uns darum bemühten , unser Herz
wieder für uns selbst und für die Liebe zu öffnen. Franz von Sales sieht den
Lebenssinn erfüllt, wenn es uns gelingt, zu unserem Ursprung zurückzukehren,
uns bewusst zu werden, dass wir alle wunderschöne Gedanken Gottes sind- einzigartige
Wesen voller Liebe- hier auf Erden, um dieser Liebesfähigkeit ihren vollen
Ausdruck zu verleihen.
Klar, ich bin oft der Versuchung nahe, meinen Frust
rauszulassen angesichts der Vorstellung, dass man mich über einen viel zu
langen Zeitraum irrend und suchend unterwegs sein ließ….immer auf der Suche
nach den völlig falschen Zielen im Leben! Dieser Aufruf zur exzellenten Bühnenpräsenz
war die größte Unwahrheit aller Zeiten! Niemand muss auch nur irgendetwas tun, sein oder haben, um sich wertvoll nennen zu
können.
Im Gegenteil- je authentischer, verletzlicher, menschlicher,
gefühlsbetonter wir uns zeigen, je mehr wir den Mut zeigen, unser Inneres nach
Außen zu bringen, umso näher sind wir der Erfüllung des wahren Lebenssinns! Es
geht nicht um Perfektion, Leistungsbeständigkeit, Selbstbeherrschung- um ein „sich bewähren“ in der oberflächlichen
Welt. Bestehen müssen wir in erster Linie vor uns selbst! Und dazu müssen wir
runter von dieser Bühne des künstlichen Ichs- den „alten“ Menschen ausziehen,
der mit uns selbst sehr wenig zu tun hatte.
Neulich verfolgte ich eine Glaubenssendung im Fernsehen und
da stellte der Redner eine Frage an die teilnehmenden Personen: “Sagen Sie mal,
sind sie auch so wartungsintensiv wie ich?“ ?????????? Er erklärte dazu: Jeder Mensch
trägt in sich das große Bedürfnis nach dieser „Wartung“: Er möchte sich
gewärmt, geliebt, wertgeschätzt und angenommen fühlen, denn so ganz allein
vermag sich ein Mensch nicht zu pflegen und diese Pflege haben wir uns alle
verdient- denn wir sind etwas sehr Wertvolles: nämlich einzigartige Menschen!
Ehrlich gesagt, tat es mir gut, dass dieser so erwachsene
Mann seine Bedürfnisse vor der großen Schar Menschen kundtat- wie selten höre
ich es so detailliert? Kaum jemand mag sich dazu zu bekennen- könnte ja verweichlicht,
sensibel, unmännlich/ unfraulich, schwach herüberkommen! Dabei ist genau das
die Basis, um einander besser verstehen zu können! „Ach, du brauchst auch
dieses Maß an Wärme und Geborgenheit? Ich nämlich auch, denn mein Inneres
verlangt danach und mein verletztes inneres Kind sowieso!“
Wenn wir nicht werden wie die Kinder…….dann kann unsere
Seele nicht heilen. Dieses ganze erwachsene vernunftbetonte selbstbeherrschte Tun,
es hemmt uns in einer Tour, weil wir der Seele ständig die Tür vor der Nase
zuschlagen. Wir sind nun mal Gefühlsmenschen durch und durch- das ist unsere wahre
Schönheit und nichts, was unter den Tisch gekehrt werden muss. Gut, „sie“ wollten
diese Schönheit nicht sehen- doch wir dürfen sie ganz bewusst für uns wieder hervorholen und da
ist es egal, ob wir Mann oder Frau sind- diese Gefühlswelt ist in beiden
Geschlechtern zu Hause, auch im Indianer, der angeblich keinen Schmerz kennt!!!!!
weniger wegen der kurzen Zeit, die es dauert,
sondern weil uns von der kurzen Zeit fast keine bleibt,
es zu genießen.“
Jean- Jaques Rousseau
Für mich steht eines heute außer Frage: Unser Leben wird
erst dann ein Genuss, wenn es uns gelingt, unsere inneren Antennen wieder zu aktivieren
und auf Empfang zu gehen mit allem, was unsere Seele zu berühren vermag. Je intensiver und häufiger
wir das praktizieren, umso glücklicher werden wir sein. Ich könnt auch sagen:
Es ist unwesentlich, wie gut wir per Smartphone, Internet usw. mit aller Welt
vernetzt sind- viel wichtiger ist es, wie gut wir mit uns selbst vernetzt sind.
So lange dies nicht der Fall ist, werden wir weiter da draußen herumlaufen und
Suchende bleiben, aber wir werden nicht satt- wenn wir der Seele ihre kleinen
Berührungs-Freuden untersagen. Da nützt auch das teuerste Smartphone nichts- es
wird immer nur ein Kompromiss darstellen- eine Alternative auf unserer Suche
nach echten tiefen Seelenverbindungen von Mensch zu Mensch.
Es ist halt so, wie Franz von Sales es anführt: Wir müssen
uns unser Herz zurückholen…..das wir in früher Zeit aus Enttäuschung,
Unverständnis, Angst vor weiteren Verletzungen verriegelten, denn ohne dieses
geöffnete Herz ist Leben nicht lebenswert. Es wird dann immer ein Überleben an
den Rändern der Existenz sein. Doch da gehören wir nicht hin- es gilt, die
Mitte zu finden- diesen Kern allen Seins, den ich das Gefühl der vollkommenen
Liebe nenne.
Meiner Ansicht nach zielt der Lebenslauf eines jeden
Menschen daraufhin, diese Mitte zu erreichen und hier vermag ich „nur“ Gott im
Fokus zu sehen, dem es ein so großes Anliegen ist, dass wir ankommen in einer Liebe, die als echt und bedingungsfrei empfunden werden
kann.
Ja, wir lernen
endlich zu verstehen, was es mit der wahren Liebe auf sich hat, denn solch eine
Liebe will sich einfach nur verschenken- ganz ihrer Natur nach. Diese Liebe
fordert nichts, diese Liebe ist geduldig, drängt nicht, rechnet nicht auf oder an-
sie vermag zu vergeben, zu verstehen und ohne Wenn und Aber anzunehmen. Vor
allen Dingen ist solch eine Liebe sehr sehr langlebig- denn sie währt bis in
alle Zeit und wird nicht weniger.
Diese Liebe hat also überhaupt nichts damit zu tun, was wir
sind oder haben- sie kennt keine Voraussetzungen. Hier wird mir wieder bewusst,
wie sehr wir in früher Zeit auf die falsche Fährte geschickt wurden und warum sich die heutige Jugend so schwer
tut, das Wesen der Liebe zu ergründen. Wo gibt’s denn heute noch etwas umsonst,
vor allen Dingen die Liebe? Muss man nicht für alles etwas tun?
Tja, das erzählt nämlich der Verstand – aber eine Seele, sie
ist voller Freude und in Hochstimmung, wenn sie ihre Liebe einfach so
verschenken kann! Ihr ist es unmöglich, irgendwelche Bedingungen zu stellen! Dann
wärs ja auch keine wahre Liebe mehr!
Nein, diese oberflächliche Welt wird uns nichts über eine
solche Liebe erzählen können, da passt sie einfach nicht hinein….denn so lange
der Verstand auf dem Throne sitzt, wird er uns weiter und weiter erzählen, wann
wir seiner Meinung nach würdig sind, geliebt zu werden.
Und immer wird es darum gehen, dass wir uns irgendwie für
andere passend machen- doch ehrlich gesagt und gefragt: Wer will denn dafür
geliebt werden, wenn er nicht so sein darf, wie er wirklich ist? Das
widerstrebt unserer menschlichen Natur, erzeugt Unzufriedenheit und ist Gift
für die Seele!
Nicht ohne Grund befürworte ich den Wandel der Menschheit,
wie z.B. die Aussagen von Wolfgang Bosbach. Ja, ich denke, das Bewusstsein der
Menschen nimmt zu, indem sie sich und ihr Seelenwohl auf gesunde Weise viel
wichtiger nehmen als früher. Es wird auch nicht
anders möglich sein, denn wir sind definitiv „nur“ Menschen mit dem
natürlichen Bedürfnis und dem Geburtsrecht, uns in unser Menschlichkeit überall
wiederfinden zu dürfen.
Vielleicht sollte ich sagen: Demnächst ist nicht mehr der
perfekte leistungsorientierte kontrollierte Mensch gefragt, sondern der
verletzliche sensible natürliche Herzensmensch, der sein Augenmerk weniger auf
Besitz und Ansehen richtet, als vielmehr auf die Menschen, die ihm nahestehen.
Dann nämlich sind wir genau dort angekommen, wo Gott uns sehen möchte und da er
eh über unser aller Leben regiert, wird er alles daransetzen, dass es gelingt.
Aus eigener Erfahrung weiß ich: Wir können dabei weder vor
dem Willen Gottes noch vor den Bedürfnissen unserer Seele flüchten- es geht
letztendlich um die Erfüllung des tiefen Sinns von Leben! Wir sind hier, um zu
lernen, um in uns hineinzuwachsen, unsere göttliche Bestimmung zu leben und von
Herzen zu lieben.
Ich glaub ja eh immer, dass Gott allmählich die Hände über
dem Kopf zusammenschlägt, wenn er mit ansehen muss, was wir aus seiner Welt
machten. Als er sie erschuf, war alles gut und vollkommen- doch dass wir so an
seinen Wünschen vorbeileben, bzw. voller Eifer Geld, Macht und Besitz anbeten,
das hat er sich gewiss nicht vorgestellt.
Ja, Gott würde bestimmt am liebsten ständig rufen: „Mensch,
wo bist du? Ich finde dich gar nicht wieder!“
Wahrscheinlich darf ich wirklich von großem Glück sprechen,
dass meine frühen schmerzhaften Seeleneinschnitte mich am Boden hielten- dass
Gott auf seine Art dafür sorgte, dass ich mich nie zu weit von mir entfernen
konnte. So war auch die Umkehr nicht ganz so extrem schmerzhaft- ich war meiner
Quelle immer irgendwie näher als andere- tiiiiieeeeef drinnen hab ichs immer
leise gespürt- trotz des jahrelangen Vorbeilebens an mir selbst.
Manchmal, da stellt uns das Leben einige Fragen, so auch
mir. Mir war früher immer schleierhaft, warum gerade die sensiblen Menschen so
viel Schmerz aufgebürdet bekamen…war doch ungerecht- sie hatten doch niemandem
etwas getan. Warum wurden sie dann so bestraft?
Jehuda Bacon, jener Mann, der als Junge Auschwitz überlebte,
sagte dazu:
„Leiden ist sinnvoll, wenn es einen so tief ergriffen hat,
dass es bis zu den Wurzeln des Seins geht. Dann werden wir auch fähig sein,
Mitgefühl für das Leid Anderer zu entwickeln.“
Wir kennen das alle: Sich hineinversetzen in die Situation
eines Anderen werden wir nur können, wenn wir Ähnliches selbst erlebten. Ich
denke, es geschieht in der Leidphase noch mehr, denn es heißt auch: Nie sind
wir Gott so nah wie im schlimmsten Leid und die Nähe zu Gott zu spüren, ist
eine der höchsten Erfahrungen in diesem Leben.
Richtiges Leid, das uns den Boden unter den Füßen wegzieht,
wird uns bescheidener machen, demütiger und fähig- anders zu sehen, anders zu
leben, anders zu lieben- nämlich so, wie es in Gottes Sinne ist. Vieles, was
bisher so unentbehrlich schien, verliert an Stellenwert…..zum Beispiel, wenn
jemand eine schwere Krebserkrankung überstand- oder einen Autounfall fast
unbeschadet überlebte. In solchen Situationen stellt sich jeder unwillkürlich
die Frage nach dem Sinn von Leben und zumeist ist ein Bewusstseinswandel die
Folge.
Neulich war Samuel Koch zu Gast im Fernsehen- jener junge
Mann, der von jetzt auf gleich seinem gewohnten Leben durch einen Unfall
entrissen wurde und seitdem im Rollstuhl sitzt.
Doch Samuel Koch bekommt von mir den höchsten Respekt, denn
ich sah keinen Mann, der mit dem Leben oder gar mit Gott haderte. Nein! Samuel
Koch betonte, sein Leben trotz aller Umstände zu lieben und offen zu sein für
jede neue Herausforderung. Aufgeben? Das kam für ihn nicht infrage! Ich denke
gerade an den Ausspruch: Gott gibt uns immer nur so viel an Bürde, wie wir auch
tragen können……Samuel Koch hat diese Bürde angenommen und ich denke, Gott hat
mit ihm etwas ganz ganz ganz Besonderes vor! Ohne tiefen Sinn geschieht gar
nichts.
Vielleicht müssen wir von unserem Verstandesdenken etwas
weg, um zu verstehen, dass Gott seine ganz eigenen Handlungsweisen hat. Was auf
den ersten Blick oft unverständlich, ja, sogar ungerecht ausschaut, das wird
sich später als der fruchtbare Boden für Gottes Idee erweisen.
Ich vermag nicht zu sagen, was diese neue Denkrichtung bei
mir auslöste! Eigentlich konnte ich ab dem Zeitpunkt nur noch frohen Mutes in
die Zukunft schauen- weil ich wusste: Egal, was auf mich zukommt, es wird immer
zu meinem Besten sein- auch wenn es einen dunklen Anstrich hat. Wer es schafft,
zu 1oo% Gott zu vertrauen, der darf von morgens bis abends mit einem Lächeln
durch die Welt gehen, um auch mittendrin in einer Problemsituation frohgemut zu
sagen: „Was solls, ich erwarte nur Gutes!“ Solch eine Problemphase ist ja
nichts Anderes als ein gutgemeinter Wink Gottes, dass etwas noch der
Veränderung bedarf- folglich ein großes Geschenk, weil es uns näher zum Ziele
bringt.
Und Gott ist ein exzellenter Führer- aus dem verworrensten Dschungel holt er uns
heraus, Schritt für Schritt- wenn wir ihm vertrauen- das ist seine
Voraussetzung.
Ohne Gott durchs Leben zu gehen ist für mich heute
unvorstellbar, denn mit Gott in der Mitte, da wird mir ein Frieden beschert,
den mir die gängige Welt niemals geben konnte.
*Linda*
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