Es ist nicht so wichtig, was uns voneinander trennt, sondern
wichtig ist, was uns miteinander verbindet….
War ich auch nicht aktiver Teilnehmer des diesjährigen Kirchentages
in Berlin/ Wittenberg, so ließ ich dennoch sehr bewusst die Übertragung im
Fernsehen auf mich wirken. Da war eine bunt gemischte Schar an Menschen, was Alter, Geschlecht, Nationalität betraf und
hätte ich ein Bild malen sollen- es wäre ein Bild der Einheit, der Freude, des
friedlichen Zusammenseins und Miteinanders gewesen. Wie konnte es sein, dass an
diesem Ort so viel friedliche Gesinnung herrschte- trotz all der Unterschiede
und größtenteils kannte doch zumeist einer den Anderen nicht!
Die Antwort lag klar auf der Hand, denn diese Menschen kamen
zusammen, um gemeinsam zu feiern- im
wertschätzenden wertfreien Miteinander! Ich sag mal ganz lapidar: da war von vornherein gar kein Platz für gegenseitige
Verurteilung, Herabsetzung, weil der
Boden äußerst fruchtbar war! Man kam hierher- nicht um kritisch zu
betonen und herauszufinden, was den einen vom Anderen unterschied, sondern um
das hervorzuheben, was alle miteinander verband!
Sehr bewusst spreche ich davon, wie unerlässlich es in jeder
Art von System ist- sei es Staat, aber auch Freundschaften, Partnerschaften,
Beruf betreffend- dass der ausgesäte Samen gesund ist! Ein System kann immer
nur die Frucht hervorbringen, die der Qualität des Samens entspricht. Ist der
Boden vergiftet durch Samen der Macht, der Rechthaberei, der Diskriminierung,
der Gleichgültigkeit, der Verschleierung- dann wird auch die Ernte entsprechend
sein!
Hinsichtlich dieses Kirchentages war ersichtlich, dass es
sich um einen sehr fruchtbaren Boden handelte- die Samenqualität von gegenseitiger Wertschätzung, bedingungsloser
Annahme, Frieden, Freude und gelebter Mitmenschlichkeit erzählte! Und das Resultat?
Ich denke, jeder Mensch durfte sich dort spontan wohlfühlen, auch wenn er dem
Glauben nicht zugetan war, auch wenn er nicht der deutschen Nationalität angehörte. Möglich
wurde es, weil an diesem Ort nur eines wichtig war: jeder!!! Mensch, in der
Anerkennung seines Urrechts auf Respekt und Angenommensein- inmitten der wohltuenden
Gemeinschaft vieler einzigartiger MENSCHEN! Und hielt auch ein Geistlicher aus
Afrika die Predigt , so wurden seine Worte von allen verstanden, weil die
Sprache des Herzens keinen Dolmetscher braucht.
„Es ist nicht so wichtig, was uns voneinander trennt,
sondern wichtig ist, was uns miteinander verbindet….“
Ich denke, diese Erkenntnis erzählt sehr viel über den
Wandel der Zeit – weil sich halt die alten Vorstellungen und dieses
Schubladendenken verabschieden. Der Mensch als Funktion hat ausgedient, weil es
darum gehen wird, dass der Einzelne sich wieder sehr bewusst auf den wahren Sinn
seines Hierseins berufen darf. Viel zu lang wurde der Wert des Menschen danach
beurteilt, wie gut er sich in dieses System einfügt- viel zu lang wurde die
Identität an dem gemessen, wie nützlich wir sind in diesem Hamsterrad der Wohlstandsgesellschaft!
Ständig werden uns der Fortschritt, der materielle
Wohlstand als ultimative Ziele präsentiert- mehr und mehr
soll es sein- immer besser, immer fortschrittlicher- immer digitaler- doch mit
jedem Fortschritt entfernen wir uns von uns selbst, weil wir uns in unserem
individuellen Menschsein nicht wiederfinden. Unsere Seelen kommen in dieser
beschleunigten Leistungsgesellschaft nicht mehr mit- sie schreien mit jedem
Gefühl der Unzufriedenheit, der inneren Leere, der Überforderung, des „Burn-
outs“ ,dass wir doch bitte Rücksicht nehmen auf unsere wahren Gefühle,
Begrenzungen und inneren Wahrheiten!
Wir möchten es doch in „viel einfacher“- in menschlicher-
auf uns bezogen! Seele vermag mit diesem ständigen Leistungsgedanken nichts
anzufangen und schon mal gar nicht mit den Ausuferungen des materiellen Wohlstandes!
Sie will sich nicht über den Besitz oder ein dickes Bankkonto definieren- sie
will in diesem Leben erfahren, wie sich ein authentisches Sein, wahre Liebe und
gelebte Mitmenschlichkeit anfühlen! Genau diese Erfahrung durften die
Teilnehmer des Kirchentages machen- sie reisten alle mit der Erfahrung nach
Haus, wie es sich ANFÜHLTE, Liebe zu sein und Liebe zu schenken, bzw., ein
wertschätzendes wertfreies friedliches fröhliches Miteinander gelebt zu haben.
Du lebst froh und
menschenwürdig,
wenn du zufriedene
Menschen um dich hast.
Leopold Schäfer
Irgendwo las ich von einer neuen Art des Denkens, die
grundsätzlich ein Umdenken mit Herz ist, denn wir werden nicht in unser
erfülltes Leben finden, wenn der Ausgangspunkt der Verstand bleibt! Wir können
es drehen und wenden, wie wir wollen: Hat der Verstand das Sagen in unserem
Handeln und Denken, befinden wir uns in seelischer Dunkelheit, wir werden blind
für die wahre Schönheit des Lebens.
„Alle Zeit, die nicht
mit dem Herzen wahrgenommen wird,
ist so verloren
wie die Farben eines
Regenbogens für einen Blinden
oder das Lied eines
Vogels für den Tauben.“
Michael Ende
„Gut“, man verstand und versteht es prima, uns von dieser
Region fernzuhalten, doch es ist nun an uns, genau hier wieder heimisch zu
werden! Wenn es eine Sehnsucht in uns gibt, dann ist es die Sehnsucht nach
einer Heimat, die uns für immer Geborgenheit und wahre Sicherheit verspricht-
die uns so sein lässt, wie wir wirklich sind.
„Unsere wahre Natur
ist dieses unschuldige freie Kind-
liebenswert zärtlich,
offen, begeisterungsfähig, sanft,
lachend , neugierig-
sich nach Wärme und
Verständnis sehnend…“
Es mag wieder etwas banal klingen, aber es kam mir gerade
die Vorstellung: Was wäre, wenn wir den Mut und die Größe hätten, uns so weit
herablassen zu können, dass wir uns begegnen wie die Kinder es tun und das in
ALLEN Bereichen des Lebens- ob es nun Freundschaft, Partnerschaft oder Beruf
ist. Dann wäre es nämlich eine Begegnung auf Augenhöhe, in der es nicht von
Wichtigkeit ist, was Menschen voneinander trennt, sondern was verbindet,
stärkt, bereichert und sogar heilsam wirken kann.
Kinder leben
ausschließlich aus ihrer Quelle und finden zueinander, um Leben einfach nur
gemeinsam zu genießen! Sie sind noch nicht geprägt von dem Gedanken der
Leistung, der Machtausübung, sondern leben schlichtweg nur sich selbst und das
in ihrer natürlichen gottgegebenen Einzigartigkeit.
Für mich war es irgendwann sehr hilfreich, uns alle als diese göttlichen Seelen zu sehen:
verletzlich, sensibel, einzigartig und immer auf der Suche nach vollkommener
Erfüllung. Genau dieses Erahnen ruft eine ganz bestimmte Haltung hervor:
Begegnung auf Augenhöhe, in dem Wissen, dass uns ja nichts voneinander trennt,
als nur das falsche anerzogene Gefühl
des Getrenntseins von uns selbst, verbunden mit den daraus resultierenden
Verhaltensweisen. Würden wir uns aber im
JETZT alle unserer inneren natürlichen Schönheit bewusst- dann würde es auch
keinen "Krieg" untereinander geben, weil
wir erkennen: Im Grunde unseres Herzens sind wir alle gleich liebenswert ,
durchaus vollkommen, so wie wir sind und vermögen einander Bereicherung zu
sein, weil wir nicht darauf achten, was uns trennt, sondern weil wir das
hervorheben, was uns miteinander verbindet.
Ehrlich gesagt, dürfen wir uns zugestehen, dass die tiefste menschliche
Sehnsucht in uns eigentlich darauf zielt, dass wir uns mit dieser Quelle allen
Lebens wieder verbinden. Eins werden mit uns selbst, Verbundenheit spüren mit
unseren Mitmenschen und auch mit der Schönheit der Natur. Das seh ich als das
große Ziel im Leben an, auch wenn man uns kontinuierlich weismachen will, dass
wir von all dem abgespalten sind und uns irgendwelche oberflächlichen
Kompromisse anbietet. Man hält uns damit aber von unserer eigenen Lebendigkeit fort und das entspricht nicht der menschlichen
Sehnsucht! Unaufhörlich werden wir in die Ablenkung von uns selbst getrieben-
dabei ist es so unerlässlich, dass wir uns der Stille zuwenden- uns auf uns
selbst und unsere tiefen Seelensehnsüchte besinnen!
„Werde still und
finde heim zu dir selbst.
Verzehre deine Kräfte
nicht im Lärm der Welt.
Es ist gut, wenn du
deine Arbeit tust-
es ist wichtig, dass
du sie gern tust.
Gehe nicht in dem
auf, was draußen ist-
nimm dich immer
wieder zurück.
Sammle deine Gedanken
und versenke dich in deine Tiefe-
suche nach der Mitte
deines Lebens.
Von dieser Mitte aus
findest du den Maßstab für das,
was wirklich wichtig
ist:
Erfüllung und
Ganzheit deines Lebens.“
Christa Spilling-
Nöker
IN UNS daheim sein- im Anderen auf Augenhöhe uns selbst
erkennen und auch die Schönheit der Natur zu unserem Wohlfühlort machen- das
ist es, was ich unter einem lebenswerten Dasein verstehe! Schließlich kommen
wir aus der Einheit, ist es da verwunderlich, dass wir uns dorthin, wenn auch
unbewusst, zurücksehnen? Es ist nicht
nur so von mir erdacht, weil ich denke, dass jeder genau erspürt, wann er sich-
wo- und wie- am lebendigsten fühlt. Und es heißt ja nicht ohne Grund: Dort, wo
wir uns berührt fühlen, da ist unser Lebensschatz verborgen.
Es geschieht nicht ohne Grund, dass ich einst gewisse Flüche
ausstieß, angesichts der Umstandes, dass wir uns seit der Kindheit aufgefordert
sahen, ihren Bildern gerecht werden zu müssen- und alles, um ein bisschen Liebe
zu erhalten. Auch heute noch erzählen sie uns, wie wir die Welt zu sehen haben,
wie wir zu sein haben, was wir angeblich benötigen, um glücklich zu sein! Welche Herabsetzung unserer menschlichen Würde, bzw.
Einzigartigkeit!
Ganz aktuell kam aus den politischen Reihen der Hinweis, man
möge mit der Umsetzung des Bildungsauftrages schon im Kindergartenalter
beginnen und ich hoffe, es so zu verstehen, dass hier die Bildung der Persönlichkeit
angesprochen wurde und nichts auf frühmöglichstes Leistungsstreben abzielt.
Für mich ist es gerade
in der heutigen Zeit so wichtig, dass schon der kleine Mensch sich seiner inneren Schönheit und
Vollkommenheit bewusst ist- zum kritischen Denken erzogen wird und vor allen
Dingen lernt, sich selbst von ganzem Herzen lieb zu haben- so, wie er von Gott
gedacht ist. Es gibt eine unumstößliche Lebenswahrheit und die lautet: Was
nicht im Menschen im Herzen angelegt ist, das kann er auch nicht im Außen
leben! Wer sich selbst keine Wertschätzung und gesunde Selbstliebe
entgegenbringt- der wird es unmöglich ins Außen transportieren können!
Dieser Zustand ist das große Dilemma unserer so
fortschrittlichen Zeit! Wir haben doch gar nicht gelernt, uns selbst zu lieben
und sahen/ sehen uns dennoch aufgefordert, so was wie Liebe, Toleranz,
Mitgefühl, Verständnis anderen Menschen entgegen zu bringen! Woher sollen wir
bitteschön wissen, wie das geht? Welch ein unsinniges Unterfangen, denn was
nicht von Herzen kommt und erziehungsmäßig gar nicht kommen kann, das vermögen
wir nicht weiterzugeben! Und darum macht jede Form von verschenkter Liebe
eigentlich leer, denn IN UNS war/ist ja gar nicht genug da, um überhaupt etwas
verschenken zu können!
Nicht ohne Grund sehe ich eine Kehrtwende in dieser Zeit als
unerlässlich an, weil es für jeden Menschen in erster Linie darum gehen sollte,
sich ganz auf sich selbst zu besinnen,
um zu lernen, sich selbst zu lieben, zu achten und das voller Respekt,
Mitgefühl und Verständnis. Erst dann wird es möglich sein, eine gesunde Liebe
zum Nächsten zu leben. Und wir dürfen uns sagen: Niemand kann doch im Außen ermessen, was der
Einzelne für sein Glücklichsein braucht. Und sowieso: Wir können niemals etwas Anderes
sein, als wir von Natur aus sind und das inklusive unserer ganz persönlichen
Geschichte.
Das wusste sogar
schon ein Herr Goethe:
„So musst du sein-
du kannst dir selber
nicht entfliehen.
Keine Zeit, keine
Macht
zerstückelt geprägte
Form,
die lebend sich
entwickelt.“
Goethe
So wie wir sind, sind wir von Gott gedacht und genau so!
sind wir richtig in unserer unperfektesten und schwächsten, sensibelsten
Ausgabe MENSCH! Ohne Frage, es hat bei mir recht lang gedauert, bis ich in
dieser Selbstbestimmung verwurzelt war – doch es ist für mich bis heute der
einzige Weg in die Freiheit und in den Seelenfrieden.
Doch zum Glück -unsere Seele lässt uns nicht im Stich- sie
wird uns Schmerz für Schmerz in den Zustand der Befreiung zurückführen:
Wenn du dein
Alleinsein annimmst-
wenn dein SO-SEIN
kein Urteil mehr kennt-
wenn du die Meinung
und die Liebe
anderer nicht mehr
brauchst…
dann bist du endlich
wieder in dir und der Liebe zu dir angekommen!
Es mag sich etwas frustrierend lesen, wenn ich schreibe: Im
Grunde müssen wir ein unbeschriebenes
Blatt werden, uns von all dem freisprechen, was wir von jeher glaubten zu sein
und alle Etiketten entfernen, die andere uns verpassten. Und dann geht’s hinein
ins tiefe Erspüren, um „komischerweise“ festzustellen, dass in uns doch alles
vorhanden ist, was wir für unser glückliches Leben benötigen. Man hat uns zwar
erzählt, dass es die Liebe, die Fülle, das Glück nur da draußen gibt- doch das stimmt
nicht- ALLES ist zu 100% IN UNS und dazu gibt’s eine ganz individuelle
Seelenmelodie, die nur drauf wartet, angestimmt zu werden! Wir brauchen nur mal
in der Stille zu erspüren, wonach wir uns wirklich ausstrecken im Leben und das
wird gewiss nichts mit Geld, Besitz und Titel zu tun haben. Es hat nur mit uns
zu tun- diesem weichen verletzlichen, sich nach Wärme, Geborgenheit, Erfüllung und Seelenfrieden sich sehnenden MENSCHEN.
*Linda*