Wir leben unser Leben in wachsenden Ringen…
Es gibt da so ein Spiel aus Kindertagen:
„Ich packe meinen Koffer und nehme mit“…..ein Ding nach dem
anderen wurde reihum benannt und jeder Mitspieler hatte die Aufgabe, sich den
Kofferinhalt in exakter Reihenfolge zu merken.
Dieses Spiel kam mir neulich ins Gedächtnis, als ich so überlegte,
was ich eigentlich als wichtigste
Utensilien in meinem imaginären Rucksack verstaute, als ich mich auf den Weg
ins Leben begab. Sehr früh wusste ich es zu benennen: Es waren mein Glaube, die
Hoffnung, und die Liebe. Ehrlich gesagt- sind es bis heute unentbehrliche
Begleiter und von Lebensphase zu Lebensphase stieg ihre Bedeutsamkeit. Ohne
diese „Gepäckstücke“ möchte ich gar nicht mehr unterwegs sein, auch wenn man gar nichts Greifbares in Händen hält, vermögen
sie den nötigen Halt im Leben zu geben.
Es sind quasi die Stützpfeiler, auf denen mein Lebenshaus steht.
Auf die Frage, wer mir die entsprechende Bauanleitung übergab,
weiß ich nur zu sagen, dass es das Erbe meiner Mutter war, welches sie mir in
frühen Kindertagen durch ihre Art zu sein und zu leben unbewusst vermittelte.
Vor Tagen erreichte mich folgendes Gedicht, verfasst von
Rainer Maria Rilke:
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott,
um den uralten Turm
und ich kreise jahrtausendelang
und ich weiß noch nicht
bin ich ein Falke, ein Turm oder ein großer Gesang?
Rainer- Maria Rilke
Rainer Maria Rilke zählte ohne Zweifel zu den
lebenserfahrenen Menschen und er versuchte, sein persönliches Gespür von Leben
in ein Bild zu fassen. Dabei kristallisiert sich klar heraus, dass Leben nichts
ist, was man per Fahrstuhl im Schnelldurchlauf erfahren kann. Nein, Herr Rilke
spricht von einem Wachstumsprozess- Ring für Ring will nach und nach erworben
werden- und so wird unser Dasein zu einem immerwährenden Prozess des Wachsens
und Werdens! Ihn beschlich Unsicherheit, wenn er sich fragte: Was bin ich
eigentlich? Bin ich ein Falke, ein Sturm oder gar ein großer Gesang? Wahrscheinlich
wird er sich mehr als einmal die Frage nach dem Sinn seines Hierseins gestellt
haben, doch er blieb unterwegs, mit dem Wunsch, vielleicht auch noch den
letzten Ring zu vollbringen.
Gut, wir können all diese Gedanken als viel zu schwerlastig
ansehen, sie passen so gar nicht in unsere moderne Zeit, in der alles auf
Knopfdruck funktioniert, in der es so
leicht gemacht wird, unsere Wünsche von heute auf morgen zu erfüllen. Sich in
Geduld zu üben, abwarten können- das wird kaum mehr von uns verlangt- alles
geht schnell und schneller- ein Überangebot an materiellen Gütern wartet auf
unsere Konsumfreude, gleich eines Schlaraffenlandes.
Und doch werden wir irgendwann innehalten, weil dieses
Glücksparadies etwas auf Zeit ist und lediglich unseren Verstand
sättigt, denn unser Loch im Herzen, das werden wir auf diese Art und Weise
niemals füllen können!
Wieder tut sich mir das Bild auf:
Wir stehen am Strand und uns ist der Blick auf die
Oberfläche des Wassers gewährt. Was sich in der Tiefe des Meeres verbirgt, das
bleibt eine Frage, die nur dann ihre Antwort findet, wenn wir uns auf den Weg
machen, um hinabzutauchen, uns hautnah berühren zu lassen von der Schönheit und Magie des Meeres. Es wird eine
völlig neue Welt sein, die sich uns erschließt- voller Farbenvielfalt- voller
aufregender Entdeckungen- voller Staunen, voller Geheimnisse, voller Wunder.
So verbirgt sich meiner Ansicht nach auch hinter der Fassade
des normalen Lebens eine Welt der Geheimnisse, der Wunder, der Magie, der
ungeahnten Fügungen, voller Reichtum der ganz anderen Art.
Diesen Tiefgang ins wahre Leben sehe ich heute als das
Kernstück unserer Reise, die uns alle, wenn auch oft unbewusst , unterwegs sein
lässt- ausgestattet mit der Sehnsucht nach diesem gewissen „Etwas“ im Leben.
Ring für Ring will sich uns erschließen- das ist unser aller Bestimmung, der
wir nicht entsagen können. Es wird uns nicht gegeben sein, uns diesem
natürlichen Gesetz des Lebens zu widersetzen, das immer auf den Ausdruck der
Individualität , bzw. gesunde Selbstliebe ausgerichtet ist.
Jedes Vorbeileben bringt Schmerz mit sich, um uns immer
wieder auf die richtige Bahn zurück zu führen. Wir werden zunächst ganz sanfte
Zeichen erhalten, doch mit zunehmendem Widerstand verstärkt sich auch der
Leidfaktor. Und alles wird immer zu unserem Besten sein, so suspekt es sich
auch lesen mag. Alles trägt an uns die Bitte heran: „Bitte, sei einfach nur du
selbst und hab dich so lieb, wie du bist! Es darf und kann dich nicht „in
anders“ geben, denn du bist ein wunderschöner Gedanke Gottes und hier auf
Erden, um diesem Gedanken einen individuellen Ausdruck zu verleihen.“
Meine Worte sind Resultate des persönlichen Erlebens und ich
weiß noch, alles wurde um Längen besser
und erträglicher, als ich mich „nur noch“ als sehnsüchtige Seele sah- eine
Seele, die hier auf Erden ihre ganz bestimmten Erfahrungen machen will und
muss!!- eine Seele, die sich nichts mehr wünscht, als eines Tages ihre Flügel und
ihre Freiheit wieder zu erlangen. Doch darum ist es gut, wenn wir unterwegs
bleiben und akzeptieren, dass das in uns Unerlöste nach Erlösung ruft, dass der
Verstand als Herrscher ausgedient hat.
Wir werden ein Leben erfahren mit Höhen und Tiefen, denn
Seele braucht immer wieder einen neuen Berg, auch den Aufenthalt im Tal der
Tränen, einige Stolpersteine, dunkle Nächte, öde Wüstenzeiten, Sackgassen und
Irrwege. All das sind zwar schmerzhafte Herausforderungen, doch sie sind von
Sinn. Nur so finden wir in unsere ursprüngliche Seelenstärke und in das Wesen
der wahren Liebe zurück! Das ist unsere vorrangige Aufgabe hier auf Erden,
verbunden mit dem Wunsch, unser inneres Feuer der persönlichen Leidenschaft zu
entzünden- genau das, was uns lebendig werden lässt.
Nun wies ich zu Beginn auf meine persönlichen Stützpfeiler
des Glaubens, der Hoffnung und Liebe hin, welche mein Lebenshaus tragen …..und
es stellt sich gewiss die Frage, ob das! denn ausreichend sei auf einer scheinbar
so herausfordernden Reise ins wahre Leben. Ich sag mal- es wird ausreichend
sein, wenn man „in etwas anders“ denkt, vielleicht etwas „tiefer“ oder weiter. Wahrscheinlich
war es immer mein tiefer Glaube an Gottes sichere Führung, der mir die Kraft
schenkte, meinen Weg zu gehen durch alle Höhen und Tiefen. Es war aber auch
eine Form von Demut vor dem Leben, Liebe zum Leben- verbunden mit der Einsicht,
dass ich längst nicht alles verstehen kann und verstehen werde, was so
geschieht und warum es so und nicht anders verläuft. Doch ich hab immer darauf
vertraut, dass es einen tiefen Sinn in der scheinbaren Sinnlosigkeit geben
muss. Dieses Urvertrauen hat mich trotz meiner frühkindlichen inneren
Zerbrochenheit in Hoffnung überleben lassen, nach vorne schauen lassen und die
nötige Energie geschenkt.
Ich bin heute mehr denn je der Auffassung, dass in jedem von
uns dieses stille Erahnen angelegt ist- zu erspüren, dass es außer dem
oberflächlichen Sein noch etwas ganz Anderes geben muss, das auf uns wartet und
von tiefer Erfüllung spricht.
Ohne Frage, schauen wir uns in der Welt um, dann haben wir
oft den Eindruck, es ginge nur um
Machtgehabe, Präsentation, Krieg, Kampf…..doch da ruft immer stärker auch eine
andere Seite nach Frieden, Gerechtigkeit, einer sinnvollen Verteilung der Güter
, so dass für alle etwas da ist.
Es vollzieht sich ganz leis ein Wandel der Gesinnung und
Menschen geben sich nicht mehr mit all den glatten Antworten zufrieden, sondern
legen ihre Finger bewusst in die Wunden unserer Zeit, weil unsere Welt
verwundet wurde durch so viel Unmenschlichkeit. Die Welt scheint von der
Anschauung her in zwei Lager gespalten zu sein und da drängt sich natürlich die
Frage auf: Was ist denn nun das Wahre?
Vielleicht geben wir uns in stillen Stunden die Antwort:
Was berührt uns eigentlich wirklich im Leben? Wonach sehnen
wir uns?
Das werden wir herausfinden, wenn wir uns auf den Weg zu uns
selbst machen, unser Herz wieder öffnen für die schönen bereichernden Dinge, die unsere Seele
für immer nähren. Seele, ob man an sie glaubt oder nicht, verkörpert unser
wahres Sein, unser natürliches Wesen und von ihr geht alle Lebenskraft aus- was
natürlich auch nach entsprechender Energiezufuhr ruft. Was wir nun so an
„Treibstoff“ benötigen, weiß jeder nur ganz allein gemäß seiner inneren
Antennen.
Für mich zählt seit damals nur noch eins: Ich habe eine
feste Glaubensrichtung, und brauche eine ebenso klare Lebensrichtung. Sie
entnehme ich keinem Fachbuch oder irgendeiner äußeren Bedienungsanleitung- sie
ist Ring für Ring in mir gewachsen und ließ mich irgendwann die Frage stellen: Welche
höchste Vision von Leben schwebt mir vor? Welche Lebensweise vermag ich in
meinem speziellen SEIN zu verwirklichen, auch wenn ich von einer inneren
frühkindlichen Zerbrochenheit spreche, die arge Narben auf meiner Seele
hinterließ? Die Zeit heilt meiner Ansicht nach nicht alle Wunden- man kann nur
lernen, damit umzugehen und es in Liebe zu umarmen. Mir ist immer bewusst gewesen, dass eine
Totalheilung nie mehr möglich sein wird- dafür hab ich zu viel an kindlicher Schmerzerfahrung
abgespeichert. Und doch bin ich bemüht, aus dem was da ist, das Allerbeste zu
erschaffen, ohne Groll auf frühe Zeiten, bzw. Menschen, ohne Verurteilung, denn
das Gestern ist gelebt. Das Heute ist ein Geschenk, das ich durch meine
Gedanken, Gefühle, Worte und Taten erschaffe, aus dem Bewusstsein heraus, das bis jetzt in mir gewachsen ist.
Früher, da lebte ich nach Bildern und Vorstellungen, welche
aus dem Außen kamen- verkörperte folglich Ideen, die sich andere für mich
ausgedacht hatten! Doch wie soll es möglich sein? Wenn Leben in der Entwicklung
doch generell auf Individualismus ausgerichtet ist, kann doch eine einheitliche
Form nicht das Ziel sein? Wie kann man dann von gewissen Trends sprechen in der
Erwartung, dass alle sofort ein Hurra schreien und dem angesagten Trend folgen?
Brauchen wir diesen Richtungsweiser wirklich? Wissen wir nicht allein, was uns
zusagt oder schürt man damit unsere uralten Ängste, bei Selbstbestimmung
„irgendwie“ ausgegrenzt werden zu können, um dann doch lieber das zu tun, das
zu haben, was alle so bevorzugen. So sind wir vielleicht auf der sicheren
Seite-kommen aber nicht in den ersehnten Seelenfrieden.
Ehrlich gesagt, bleibt mir da immer nur ein Kopfschütteln,
insbesondere wenn ich den Werbeeinspielern nicht früh genug entsagen kann. Nun
ist sie in der Fernsehwerbung wieder da- die Liebe, die in 11 Minuten zu
bekommen ist, während uns zudem das neueste Autofabrikat die ersehnte Freiheit
und das Gefühl der Unabhängigkeit schenkt.
Das ist alles, aber nicht die Wahrheit, um die es im Leben
geht! Klar, man spricht gezielt die natürlichen Bedürfnisse der Menschen nach
Liebe, Anerkennung, Dazugehörigkeit an- doch wer der Ansicht ist, es sei auf
dem schnellen und materiellen Wege zu erreichen, der irrt. Es ist alles eine Frage des bewussten Seins.
Ich für meine Person
reagiere insbesondere im Bereich der Liebe etwas ungehalten, denn die wahre
Liebe ist die höchste aller menschlichen Erfahrungen, die uns in diesem Leben geschenkt wird..Wahre Liebe, sie ist nicht in ein paar Minuten da- sie bedarf der "Zeit der wachsenden Ringe"- ist
eine Frage des Vertrauens- der leisen
Annäherung zweier Seelen. Wahre Liebe ist ein Kind der Freiheit- sie hält, doch
sie hält nicht fest. Sie gesteht jedem die Entfaltung seiner Individualität zu
, freut sich über das Wachstum des Anderen- hat sogar die Kraft,
loszulassen und dennoch wird sie immer sein, immer weiter wachsen- nichts kann
sie schmälern, weil sie „einfach“ ist und sein möchte.
Ich denke, es ist zu verstehen, warum mich diese oberflächlichen
Scheinglücksversprecher im Außen zu einem unverständlichen Kopfschütteln
animieren. Das Leben, das uns suggeriert wird, bleibt ein Scheinleben ohne
Aussicht auf wahre Erfüllung und Zufriedenheit.
Leben ist so viel mehr!
Leben ist so viel mehr!
Leben ist von sich
aus voller Fülle, Leben ist unser persönliches Abenteuer und emsig bemüht, dass
wir uns selbst wieder in Liebe, ohne Schuldgefühle, Verurteilung oder Angst
begegnen. Es wird nicht mehr wie bisher die Leistung, der Besitz als einziges
Kriterium der Identität gesehen, sondern die Schönheit unseres Wesens.
Eigentlich wollen wir uns doch alle von den Wundern des Lebens überraschen
lassen, doch dafür brauchts ein bedingungsloses JA zu uns selbst. Unser
Verstand, der weiß mit Wundern nämlich nichts anzufangen.
Die allerschönste Erfahrung, die ich bezüglich dessen
anstellen durfte, das war die Erkenntnis, dass keiner von uns jemals allein
gelassen wird, wenn er den Weg zu sich wirklich gehen möchte. Für mich ein
untrügliches Zeichen, mit all meinem Erahnen gar nicht so falsch zu liegen. Wer
konsequent sagt: Ich bin dieses alte oberflächliche Leben und jedes Vorbeileben
an mir extrem leid, der darf sich sicher sein, dass alle Hebel in Bewegung
gesetzt werden, diese Umkehr auch schaffen zu können. Dann beginnt nämlich die
Zeit der Wunder und ach so zufälligen „Fügungen“, die gar nicht zufällig sind! Eh
wir uns versehen, erhalten wir exakt die richtigen Situationen, um neue
Einsichten zu gewinnen, begrüßen Menschen im Leben, die wie zufällig hereinspazierten.
Und doch wird uns irgendwann klar, welch tiefe Bedeutung alles für unser
Wachsen und Werden mit sich bringt. Jede Situation, egal in welchem Gewande-
jeder Mensch auf unserem Wege – alles sind wertvolle Geschenke an uns –auf unserem Weg in den inneren Frieden , die
Freiheit, die Heilung. Sorgsam ausgesucht für jeden- speziell zugeschnitten auf
die Bedürfnisse wie Problemsituationen und immer zum exakt richtigen Zeitpunkt.
Wollen wir uns da noch mit Bitterkeit gegen das Leben
auflehnen, wo es doch so bemüht ist, uns zurück zu führen? Wir erhalten in diesem
Leben großartige Chancen: Jeder darf endlich wieder er selbst werden und in die
Heilung der tiefen Seelenverwundungen kommen!
Jeder ist in der glücklichen Lage, wieder in das Wesen der
wahren Liebe zurück zu finden, Seelenstärke zu erlangen und damit auch ein
immerwährendes Heimatgefühl. Und ob man an Gott glaubt oder nicht: ER wünscht
sich nichts mehr, als dass wir erkennen, dass wir einzigartige Wesen voller
Liebe sind! So hat ER uns erschaffen, so möchte ER uns erleben.
*Linda*
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