Dienstag, 18. April 2017

Das reine Sein als höchste Form der Existenz










Das reine Sein als höchste Form der Existenz


Manchmal frage ich mich angesichts des aktuellen Weltgeschehens, ob da nicht doch das Zeitalter des „neuen“ Denkens, der neuen Einsichten angebrochen ist!? Irgendwie scheint die gesellschaftliche Gesinnung gespalten zu sein- als würden sich zwei Seiten gegenseitig ein Gefecht liefern! Ist es der Kampf des Verstandes, der Macht und Gewalt gegen die gelebte Mitmenschlichkeit?

Mir blieb neulich  eine Äußerung im Gedächtnis, welche ein ausländischer Politiker kundtat: „Die Menschheit darf nie vergessen, dass wir alle gleich nackt auf die Welt kamen und diese ebenso nackt wieder verlassen werden. Was trennt uns eigentlich voneinander? Im Kern sind wir doch alle gleich, egal, welcher Religion, Hautfarbe, Kultur wir angehören!“

Ja, da wünscht  ein Mensch wie ich, dass sich  dieses Bewusstsein  ausweitet, denn EIGENTLICH trennt uns nichts voneinander, außer das Gefühls der Trennung von uns selbst und allem, was uns umgibt. Dieses Gefühl ist eindeutig die Frucht unserer Erziehung, sowie das Zeugnis einer gesellschaftlichen Struktur, die uns bewusst in dem Trennungsgedanken verharren lässt. Wer sich nämlich von sich selbst getrennt fühlt, der ist darauf angewiesen, sein Glück, seine Bestätigung im Außen zu suchen, sich der Sicherheit wegen  in die Polonaise einzureihen, sich abhängig zu machen von äußerem Lob, äußerer Wertbestätigung und vielen käuflichen Dingen, die scheinbar so glücklich und frei  machen!

„Sie“ waren schon immer sehr gut darin, uns zu erzählen, was der Mensch sich im Leben für Ziele setzen sollte, welche Wünsche er zu hegen hatte- wann er von einem erfolgreichen Dasein sprechen darf!

Doch erfahrungsgemäß kommt im Leben  irgendwann der Zeitpunkt mit ersten Fragezeichen. Ja, man schaut auf „sein Haus, seinen hohen beruflichen Titel, seine Yacht, sein dickes Bankkonto, seinen attraktiven Partner“, darf sich durchaus sagen, dass die einst vermittelten Konzepte des Verstandes fruchteten. Und dennoch ist da das eine Gefühl, das sich nicht ausschalten lässt, gekoppelt mit der Frage: Habe ich überhaupt „richtig“ gelebt oder kann es sein, dass ich in einer völlig falschen Richtung unterwegs war? Viiieellleicht war ja diese Bühne , auf der ich mit Perfektion und unermütlichem Leistungsgedanken agierte, gar nicht der richtige Ort? 




Mein Erahnen kommt nicht von ungefähr, weil es da ein unumstößliches Gesetz des Lebens gibt: Leben ist grundsätzlich auf die Entwicklung der Individualität ausgerichtet und mag es gar nicht, wenn Menschen bis an ihr Lebensende in der Polonaise mitlaufen! Dafür sind wir  nicht geschaffen! Das kann unmöglich Ziel im Leben sein, denn dafür ist jedes Leben viel zu individuell! Leben ruft nach dem Ausdruck unserer Einzigartigkeit , nach der Verkörperung des reinen Seins- erst dann verwirklichen wir die höchste Form der menschlichen Existenz!

Ich komm noch einmal auf den Ausspruch des Politikers zurück. Wir werden alle ohne Ausnahme in unserem wunderschönen Nacktsein geboren, in der reinsten Essenz, die wir uns nur vorstellen können! Doch dann sehen wir uns angehalten, ein Gewand nach dem anderen anzuziehen und mit jedem neuen Kleidungsstück verblasst unsere wahre Natur immer mehr. Na ja und dann geht es dem Gesetz des Lebens nach  eigentlich nur darum, dass wir uns Prozess für Prozess dieser überflüssigen Gewänder wieder entledigen, so lang, bis wir in unsere „Ausgangsblöße“ zurückfinden und uns zum puren Nacktsein bekennen.

„Mehr“ passiert da im Leben nicht, auch wenn wir uns so oft beklagen über Schmerz und Leid. Es muss weh tun, damit wir verstehen, dass unsere Gewänder nichts mit unserer eigentlichen Persönlichkeit zu tun haben. Wir sind nicht unser Erfolg, unser Titel, unser Geld!




Da ich nur allzu gern meine Phantasie spielen lasse, stellte ich mir mal eine Strandsituation vor. Zugegen sind viele Menschen-  Männlein, Weiblein-   Bänker, Obdachlose, Rechtsanwälte, Hausfrauen – halt bunt gemischt, aus jeder Schicht. Und es gibt eine Voraussetzung: Niemandem ist es gestattet, sich zu outen, was Beruf, Status, Verdienst, Herkunft usw. betrifft.  Kein Chauffeur um die Ecke, keine Designerklamotten. Kurzum- all die äußeren Kriterien müssen total wegfallen- es ist nur die reine Persönlichkeit erwünscht. Ich möchte wetten: Da finden Menschen zueinander, die sich auf der Bühne des Alltags niemals angeschaut hätten, weil es die Rollenbesetzung nicht zugelassen hätte.

Da sitzt dann nämlich nur noch die reine Essenz des Seins in der Runde und nur so ist die Möglichkeit gegeben, sich aus einer ganz anderen Sicht kennen und schätzen zu lernen: aus dem Herzen und nicht aus dem Verstand. Es werden am Strand „nur noch“ Nackte unter Nackten sitzen und wahrscheinlich zum ersten Mal spüren, welches Wohlgefühl damit verbunden ist! Kein Wunder, denn in den Momenten fallen alle beschwerlichen Gewänder ab!

Ich denke, es ist zu verstehen, was ich mit diesem Bild zum Ausdruck bringen möchte! Eigentlich sind wir unter unseren Alltagsgewändern alle gleich – sich sorgende, mitfühlende, liebenswerte Menschen , ausgestattet mit der selben tiefen Sehnsucht nach Wärme und dem einen Ort, an dem wir uns geliebt und verstanden fühlen dürfen! Und dann kommt noch etwas Wunderschönes hinzu! Jeder Mensch ist auf seine Art ein absolutes Unikat mit ganz eigenen Fähigkeiten, Vorlieben, Ecken und Kanten! 





Ist zu verstehen, dass Leben und Seele alles daran setzen, dass wir Prozess für Prozess, Schmerz für Schmerz in dieses „neue“ Bewusstsein wachsen, damit wir uns aus der Polonaise der Allgemeinheit entfernen, um unseren Solotanz in unserem ureigenen Rhythmus zu tanzen? Das ist unsere Bestimmung  und so sollen wir einmal von dieser Welt gehen- mit dem wohltuenden Gefühl, dass es uns gelang,  unsere innere Essenz voll zum Ausdruck zu bringen.

Nein, wir können auf dieses Leben nicht schimpfen- es hat vielmehr unsere ganze Hingabe und Dankbarkeit verdient! Wir brauchen uns nicht als Opfer zu fühlen, wir sind lediglich Seelen in einem immerwährenden Erinnerungsprozess bezüglich unseres Ursprungs, auf der Reise ins wahre Leben!

Wenn wir nämlich genau hinschauen, dann entdecken wir sehr deutliche Liebeszeichen des Lebens an uns. Jeder scheinbar so zufällige Zufall in Form  menschlicher Begegnungen ist im Grunde eine gut durchdachte Fügung von „höherer Stelle“ – ist Botschaft von unserem Weg! Durch jeden  Menschen , der unseren Weg kreuzt, wird  die Möglichkeit geschenkt, uns selbst neu zu erschaffen- in jeder noch so schmerzhaften Situation ist auch immer die Chance verborgen, etwas im Leben zu verändern- eine neue Denkweise zu entwickeln.

Es gibt nichts im Leben, dass uns nicht die Gelegenheit offenbart, immer mehr wieder wir selbst zu werden.

Wir brauchen nur unsere inneren Antennen auszufahren und herauszufiltern, womit wir voller Wohlgefühl auf Empfang gehen. Genau dann ruft die Seele freudig: „Ja, das tut gut, das bin ich!“ Darum ist eine Haltung sehr zu empfehlen. Man muss sich einfach nur mit der Seele verbinden, spüren, welche Impulse sie gibt und schon stellt sich Gelassenheit ein. 

Es geht im Leben  um unsere Seelenheilung und Ganzwerdung, wobei ich mittlerweile weiß, dass ich mich nie groß um das „WIE“  bemühen musste/ muss. Seele weiß genau, wo sie hinwill und lässt sich davon auch nicht abbringen. Wenn eine Regie im Leben führt, dann ist sie es und darum brauchen wir uns nur achtsam und vertrauensvoll dem Lebensfluss hinzugeben- wir werden am Ziel ankommen, auch wenn zig Umwege zu machen sind. Stehen wir in der Haltung der Treue und Verantwortung zu uns selbst, dann ordnen sich die Dinge wie von allein. Nur eines ist nicht so angebracht: Verbitterung und Kampfeinstellung dem Leben gegenüber, denn dann zieht Leben sich mit all seinen liebevollen Absichten zurück.




Leben braucht unser uneingeschränktes JA zu all seinen Windungen, zu jeder Form von Schmerzerfahrung, auch wenn wir es nicht verstehen, warum etwas so oder so verläuft. Wir dürfen sicher sein- die „höhere Stelle“ ist bestens im Bilde! Wir werden immer in der für uns exakten Lernsituation sein- jeder bekommt zum richtigen Zeitpunkt genau das, was er benötigt, um in eine neue Einsicht zu wachsen. Eigentlich ist es eine maßgeschneiderte Zuwendung, die wir erhalten, absolut auf die persönliche Situation zugeschnitten. Vielleicht liest es sich fragwürdig, aber ich werde komischerweise extrem mit den Problemsituationen konfrontiert, die ich noch als meine unerlösten Schatten sehe. Und ich weiß schon jetzt- es wird sich so oft wiederholen, bis ich mich damit ausgesöhnt habe!

Nun könnte man sich mit Recht fragen, was das alles soll- doch für mich gibt’s nur die eine Antwort: Seele muss und will den Weg durch alles Dunkle gehen, doch wünscht sich nichts mehr, als dass sie eines Tages ein Kleid voller Licht trägt, um dann freudig sagen zu können:
„Jetzt bin ich nur noch reine wahre Liebe und  fähig, diese Liebe zu verschenken!
Ich brauche nicht mehr zu kämpfen, um Liebe zu bekommen- ich habe die Liebe IN MIR wiedergefunden, weil der ganze angestaute Verstandesmüll nun beseitigt ist!“


Ohne Frage, dieser ganze Prozess bringt Schmerzen mit sich, aber genau genommen kommt er einer Art von Auferstehung mitten im Leben gleich. Es schrieb einmal ein Autor:

„Ich habe alles verloren, doch dafür habe ich mich selbst gefunden!“

Wir lassen unser altes Leben hinter uns, um ein völlig neues zu beginnen, um unser Dasein aus einer anderen Perspektive zu sehen, denn was wir auch tun, sagen, fühlen- immer wird der Ausgangsort unsere innere Quelle sein und nicht mehr der Verstand! Anders ist ein wirklich erfülltes Leben gar nicht möglich und im Grunde kommt es schon der Tragik gleich, dass wir uns angehalten sehen, auf der großen Bühne unsere Rollen mit Bravour zu spielen- um sicher sein zu können, so den gesellschaftlichen Erwartungen und Normen zu entsprechen. Was wird da von uns abverlangt? Wir zahlen einen so hohen Preis, denn bei jedem Bühnenauftritt verleugnen wir unser wahres Sein! Wie soll Seele damit umgehen?

Nicht ohne Grund schrieb ich vor Jahren diese Wahrheit:

Manchmal braucht man in dieser Welt
das zweite Gesicht,
denn wer, so frag ich mich-
will eine verletzliche Seele sehn
oder gar verstehn?

© Linda

Und dabei kann doch der Mensch nur einmal er selber sein und das heißt auch, dass er ein Anrecht hat, sein zu dürfen, der er nun mal ist- das ist unser aller Geburtsrecht!

Von daher wünsche ich mir sehr oft, wir Menschen wären alle „nur“ als Seelen unterwegs, mit dem Mut, sich zur innewohnenden Verletzbarkeit, Sensibilität, Gefühlsvielfalt- zu Zweifeln, Unsicherheiten, Schwächen zu bekennen. Runter von der Bühne und rein in die Authentizität. Wir würden  spüren, wie viel Liebe, Fürsorge, Verständnis, Mitgefühl, Gemeinschaftssinn wir eigentlich alle in uns tragen! Denn eines ist gewiss: Die Entscheidungen der  Seele sind immer im höchsten Sinne der Liebe:

…..ohne Gewalt
….ohne Verleugnung,
….ohne Verurteilung,
….ohne Machtgedanken
…ohne Unfrieden



Phil Bosmans meinte:

Frieden wird erst möglich sein,
wenn Menschen mit sich selbst im Frieden leben.
Frieden wohnt in der Zufriedenheit.
Frieden beginnt, wo Habsucht, Hass und Gier aufhören.

Phil Bosmans



Rechte und Pflichten umarmen sich,
wo Menschen zu Mitmenschen werden,
wo Liebe die Norm ist
für alle menschlichen Beziehungen.
Da entsteht Frieden und Freundschaft.
Da tut jeder gern seine Pflicht.
Da bekommt jeder sein Recht.

Phil Bosmans


Der Weltfrieden beginnt definitiv in jedem Menschen selbst, denn wenn wir „nur noch“ aus Seelensicht agieren- aus der bedingungslosen Liebe und Selbstachtung für uns selbst, dann werden wir sich diese Haltung im gelebten Miteinander widerspiegeln. Dann gehen wir mit anderen Seelen so um, wie wir es uns für uns selbst wünschen. Wir erkennen uns  im Anderen wieder, spüren die Verbundenheit, denn aus dem gesunden Ich-Gefühl wird sich ein ebenso gesundes Wir- Gefühl entwickeln. Wir werden uns nicht mehr über Besitz, Leistung und Perfektion definieren, sondern über die Einzigartigkeit unserer  wiedergefundenen inneren Schönheit. Und da so jeder sein inneres Feuer in sich trägt, ist das ein prima Richtungsweiser für den beruflichen Einsatz. Da gehts dann nicht mehr um die Höhe der Karriereleiter- um die Anzahl der Schulterklopfer vom Chef, da gilt nur noch das Maß der inneren Erfüllung während des Tuns. Und dann werden wir so intensiv wie nie zuvor spüren, wie lebendig wir innen drin sind, denn wir verwirklichen uns selbst und da kommt es drauf an!

Wollte ich eine allgemeine Lebensdevise erschaffen, dann könnte sie lauten: Ich habe Leben genossen, wenn ich MICH in all meinen Facetten lebte, wenn ich mich bei allem, was ich tat, sagte, fühlte- zu jeder Zeit seelennah erspürte. Schau ich aus dieser Sicht auf  gängige Lebensbereiche wie Partnerschaft, Freundschaft, Freizeitbeschäftigung- dann finde ich einen Motivationsgrundgedanken: Verwirklichung unserer selbst mit dem Bestreben, die höchste Version unserer Vision von allem zu erschaffen. Was immer ich tu, es muss zu jeder Zeit Aussage sein, wer ich aus Seelensicht sein möchte, was ich erleben möchte, um diese innere Essenz  noch mehr auszuschöpfen. Sich immer wieder neu zu entdecken- in hell oder auch dunkel- ich glaub, das ist Abenteuer pur!

Nun erfahre ich ja so zwischendurch immer noch genug über die Zustände der oberflächlichen Welt, um sagen zu können: Dieses Bild von gelebter Mitmenschlichkeit wird definitiv noch sehr lange ein Wunschtraum bleiben! Doch möglich ist es allemal und  mit meiner starken Hoffnung bin eh der Ansicht, dass das Gute sich letztendlich über das Böse erhebt.
Denn ich glaub so fest daran, dass Gott  die Fäden in der Hand hält und sich nichts mehr wünscht, als dass wir SEIN Geschenk des Lebens an uns achten  und die schönste Version unserer selbst erschaffen und leben, indem wir „einfach“ wieder Menschen werden, Menschen mit einer liebenden, verletzlichen und bunt- leuchtenden Seele.

*Linda*

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen