Als ich diese Anweisung las, wurde mir wieder einmal bewusst, was der
Wandel der Zeit mit sich bringt. Jeder Einzelne darf für sich allein entscheiden,
womit er sein Leben füllen möchte. Ohne Frage, das erfordert ein Umdenken, denn
eigentlich wird uns ja seit der Kindheit vorgeschrieben, wonach wir uns
ausstrecken sollen. Da gab es ganz bestimmte Ideen:
……Ideen von einem erfolgreichen Leben
……Ideen von einem erfolgreichen Menschen
……. Ideen, was ein Mensch tun muss/ sein muss, um wertvoll
zu sein….
Mit diesem fremden Gedankengut hat man uns von Kindesbeinen
an gefüttert und da es keine widersprüchlichen Aussagen gab, haben wir es
geschluckt wie unser täglich Brot. Dass im Laufe der Zeit arge
Verdauungsstörungen in Form von innerer Leere und permanenter Unzufriedenheit
auftraten, das nahmen wir in Kauf.
Spontan habe ich wieder diese Bühne vor Augen- auf der sich die Menschen
einfinden, um im grellen Licht der
Scheinwerfer möglichst exzellent ihre Schokoladenseite zu präsentieren.
Scheinbar fehlerlos, leistungsstark, perfekt, zielstrebig, allzeit bereit,
immer mit einem Lächeln im Gesicht, ein Ausbund an Glückseligkeit, inklusive der Bekundung, dass rein gar nichts schmerzt. Jeder
hat sein Leben scheinbar voll im Griff…….bewundernswert!??????????
Nun komm ich daher und frag mich, warum mir das Bühnenspiel
von jeher nicht behagte
und ich weiß auch, warum es so war/ist!
Ich finde mich in all diesen Präsentationen einer scheinbar heilen
Welt mit ihren gängigen Zielsetzungen absolut nicht wieder! Stimmt womöglich
etwas nicht mit mir? Warum zähle ich nicht zu den Immerglücklichen? Warum
spreche ich nicht von Perfektion und völliger Schmerzfreiheit? Warum gibt es
bei mir neben der Schokoladenseite auch noch eine, die mir zu schaffen macht? Kurzum-
dann muss ich wohl nicht bühnentauglich sein!
Bin ich nun total frustriert? Nein- im Gegenteil- denn
spätestens bei der Suche nach dem Sinn des Lebens wurde mir bewusst, dass unser
Leben hartnäckig darum bemüht sein wird, alle Menschen von dieser Bühne
herunterzuziehen. Wir gehören da nämlich gar nicht hin! Auf dieser Bühne spaziert ein künstlich
erschaffenes Ich umher und bejubelt- wie könnte es auch anders sein- künstlich erschaffene Ideen vom Sinn des Lebens.
Hast du was- dann bist du was! Hast du nichts, dann gehörst
du an den Rand der Gesellschaft.
Willst du geliebt sein und dich wertvoll fühlen, dann musst
du ne Menge dafür tun, denn Wert und
Ansehen muss man sich hart erarbeiten.
Diese (Un-)wahrheiten
haben uns im Laufe der Zeit krank gemacht, weil einer nämlich total außen
vorgelassen wurde: der MENSCH in seinem individuellen Sein- mit individuellen Bedürfnissen und Sehnsüchten,
mit all seiner Schwäche, seinen Gefühlen, seinen Unvollkommenheiten, seiner
Bedürftigkeit.
Wenn der Wandel dieser Zeit eines hervorruft, dann ist es
das erwachende Bewusstsein, denn wir sind nicht hier auf Erden, um unsere
innere Schönheit verkümmern zu lassen. Im Gegenteil: Wir sind dazu aufgerufen,
das nach Außen zu bringen, was IN UNS ist.Nur so werden wir ein erfülltes Leben
haben.
Wir sind durch und durch sensible Gefühlswesen mit Sehnsucht
nach wohltuender Gemeinschaft, mit Sehnsucht nach einem Ort, an dem wir uns
geborgen und verstanden fühlen dürfen- so wie wir sind- unverfälscht in unserem
totalen seelischen Nacktsein.Und eines sollten wir niemals vergessen: Unsere
Seele bleibt für immer ein Kind!
Ich denke, der Aufruf dieser Zeit darf darum folgendermaßen
lauten:
„Bring dein zartes Wesen zum Ausdruck, denn so bist du
wunderschön!“
Soll ich mal sagen, wann es mir richtig gut geht?
Das ist immer dann der Fall, wenn ich mich in der
Gesellschaft von Menschen befinde, wo ich spontan - so wie Herr Goethe- sagen
kann:
„Hier bin ich Mensch- hier darf ich!s sein!“
Was macht nun den Unterschied aus im Vergleich zur Bühne der
Selbstdarstellung?
Es ist halt dieses befreiende Gefühl, einfach „nur“ Mensch
sein zu dürfen- über die eigenen Fehler zu lachen, sich nicht schämen zu
müssen, weil man traurig ist……zu seinen Ängsten, Schwächen und
Unvollkommenheiten zu stehen……absolut nicht perfekt sein zu müssen…..und
dennoch zu wissen, in jeder Erscheinungsform willkommen zu sein und
wertgeschätzt zu werden.
Es geht nämlich nicht darum, sich zu fragen: Was muss ich
tun- wie muss ich sein- um anderen zu gefallen? Es gibt nichts zu tun, um sich
wertvoll fühlen zu dürfen!!!!!! Die Zeiten sind vorbei, denn jeder Mensch hat
grundsätzlich den Anspruch, so angenommen zu werden, wie er ist. Keiner ist
aufgrund irgendwelcher Kriterien besser oder schlechter als der Andere. Wir
haben alle unsere guten und schlechten Seiten, unsere Macken und Eigenarten,
aber gerade dieses Unperfekte macht das Miteinander erst richtig lebendig!
Es gibt keine wertvollere Erfahrung als die Erkenntnis: Ach,
mein Gegenüber ist genauso voller Zweifel, Fehler, Fragen, Unvollkommenheiten wie ich? Im Grunde trennt
uns gar nichts voneinander. Das, was der Andere von sich zeigt, das ist ja auch in mir!
Die Begegnungen der Zukunft tragen ein anderes Gewand, denn sie
rufen nach Berührungen auf Seelenebene und vor allen Dingen in Augenhöhe.
Und das ist ein himmelweiter Unterschied zu allem
Herkömmlichen. Entscheidungen, die sich einzig und allein nach den Bedürfnissen
unserer Seele richten, fallen total anders aus, als gewohnt und bescheren ein
qualitativ höheres Leben. Solch ein Leben ist dann nämlich explizit auf
den seelischen Zustand abgestimmt,
bezieht Möglichkeiten, aber auch Begrenzungen mit ein.
Erwähne ich das Beispiel auch oft- aber es bringt zum
Ausdruck, wie wichtig es ist, unseren Seelenzustand mit einzubeziehen. Ich
spreche von dem Schritt in die Ehe, den man ja gewöhnlich so vollzieht. Doch in
meinem Fall wars ein großer Fehler, weil mein Seelenzustand es gar nicht
zuließ. Ich hätte mich vielmehr erst um die Heilung meiner frühkindlichen
Verletzungen kümmern sollen, statt den Bund der Ehe einzugehen. Dieser
Verantwortung war ich damals absolut nicht gewachsen. Was für den einen gut
ist, kann für den anderen absolut schädlich sein- das hab ich unter Schmerzen
begriffen.
Und ich hab noch etwas verinnerlicht: Es geht bei allem, was
wir tun in erster Linie darum, dass es für das Gefühl des inneren Friedens
sorgt. Mehr brauchen wir gar nicht zu beachten.
Wenn sich das, was wir machen, innendrin gut anfühlt, dann ist es auch das
Richtige, weil unsere Seele in dem Moment von Wohlgefühl spricht. Und es ist
total egal, was Andere dazu sagen, denn keiner hat das Leben des Anderen
gelebt- keiner hat den Schmerz gefühlt, keiner ist in des Anderen Schuhen gelaufen.
Selbstverleugnung, Schönrederei, Verdrängung- all das gehört
der Vergangenheit an. Wie soll denn unsere Seele sonst jemals in ihre wohlverdiente
Heilung kommen?
Ich bin zwar noch
nicht da,
wo ich hinmöchte,
aber ich bin zum Glück auch nicht mehr dort,
wo ich einmal war
und strecke mich nur
noch nach dem aus, was vor mir liegt.
Denn ich bin MENSCH durch und durch und etwas Anderes will
ich gar nicht mehr sein!
*Linda*
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