Lebenszeit, die uns vollendet
Ich kann es drehen wie ich will und komme immer wieder zu dem einen Schluss: Sobald der
Mensch dazu übergeht, sich mit dem Leben, bzw. mit sich selbst intensiver
auseinander zu setzen, zieht er das Fazit- irgendwie nicht in diese Welt zu passen……..?????
Zum Glück scheint er keine Ausnahme zu sein, denn Hermann
Hesse gings wohl ähnlich, als er erkannte:
„Wer nicht in diese Welt passt, der ist immer nahe dran,
sich selbst zu finden.“
Das liest sich nicht gerade sehr aufbauend und würde in kurz und knapp bedeuten: Sobald der Mensch
weiß, wer er wirklich ist, wird er sich in dieser Welt nicht mehr wohlfühlen.
Ganz schön frustrierend, oder nicht? Schließlich gilt es, in dieser Welt über
Jahrzehnte zu verweilen! Was machen wir denn dann überhaupt hier? Wir sind scheinbar eine totale Fehlbesetzung!
Es ist nur eine rhetorische Frage, denn mittlerweile ist mir bewusst: Wir befinden uns hier zum Glück nur
auf einer Art von Durchreise, um uns daran zu erinnern, wer wir denn von
unserer menschlichen Natur her wirklich sind. Besteht dann irgendwann wieder Klarheit
darüber, geht’s zurück zu dem Ort- an dem wir wirklich zu
Hause sind.
Es gibt also sehr viel
zu lernen, so lange wir hier verweilen. Von daher befürworte ich folgenden
Hinweis:
„Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas
erscheint, das uns verbraucht,
sondern als etwas,
das uns vollendet.“
Ja, ich vertrete die
Ansicht, dass wir relativ reich
beschenkt sind, diese kostbare Lebenszeit nutzen zu können, um uns an
unser wahres Wesen zurück zu erinnern. Und nicht nur das! Wir erhalten sogar
die Chance, den tiefen Sinn des Lebens zu ergründen und wenn dann noch Zeit
bleibt, ihn auch intensiv zu leben.
Wie heißt es so schön?
Am Ende des Lebens wird zählen, wie tief wir lebten und wie tief wir
liebten.
Ups- irgendwie scheint sich dieses Lebensziel in unseren
gesellschaftlichen Kreisen nicht herumgesprochen
zu haben, wenn ich mal davon ausgehe,
dass es sich hier absolut nicht um die Liebe zum Geld, zum Konsum, zum Ansehen usw. handelt.
Unser Lebensziel spricht von einer Liebe, die ihren Sitz ausnahmslos
im Herzen hat und wer könnte uns das besser vorleben und erklären, als die Kinder? Ein mir unbekannter
Verfasser schrieb:
„Kinder verfügen über zwei Superkräfte,
welche die meisten Erwachsenen verloren haben:
Die bedingungslose Liebe und das völlige Fehlen von
Vorurteilen.“
Auch Ellen Meyer hat so ihre positiven Erfahrungen gemacht:
„Mit einem Kind an der Hand hast du die Chance,
die Welt neu zu entdecken
und längst verschollene Gefühle und Empfindungen
wieder neu wahrzunehmen.“
Ellen Meyer
Ist doch interessant,
dass uns gerade diese kleinen Wesen, die nach unserer erwachsenen Einschätzung
erst noch etwas werden müssen- scheinbar eine Weisheit, eine Kraft und Klugheit
in sich tragen, derer wir entbehren. Komisch, dass gerade sie in uns eine
Sehnsucht auslösen können…..
Allerdings finde ich heute nichts Komisches, Fragwürdiges
mehr daran, sondern sag mir ganz klar und wahr: Diese kleinsten aller
menschlichen Wesen tragen einen unsagbaren Schatz in sich. Sie leben und
agieren im Einklang mit der Seele, sind mit ihren inneren Antennen noch
ungehindert auf Empfang. Noch!!!! wird ihre strahlende Seelensonne nicht von
gesellschaftlichen Fesseln eingeschnürt. Ins Bild gefasst: Eine unbelastete kindliche
Seele ist in dem Genuss, ungehindert blühen und fliegen
zu können!
Hans Kruppa setzt noch einen drauf, wenn er uns rät:
„Es ist gut,
den Wunderglauben
wiederzufinden,
der in der Seele
eines Kindes lebt.
Doch besser ist es,
ihn erst gar nicht zu verlieren.“
Ich glaube, angesichts all dieser angeführten
Lebenshaltungen dürfen wir uns zu Recht die Frage stellen:
Kann es sein, dass man uns den Sinn des Lebens falsch
darlegte? Kann es sein, dass wir in einer völlig falschen Laufrichtung
unterwegs sind?
Diese Fragen hab ich mir vor Jahren zu genüge gestellt-
genau in dem Moment, als Gott mir diese Tür in eine längst vergessene Welt öffnete
und ich augenblicklich wusste: In dieser anderen Welt ( dem Kindheitserleben so
ähnlich) bin ich wirklich zu Hause. Augenblicklich spürte ich, wie meine
inneren Antennen freudig auf Empfang gingen.
Ja, ich konnte förmlich nachvollziehen, wie meine bis dahin
schlafende Seele plötzlich aufwachte und die neuen Impulse genüsslich in sich
aufnahm! Es war so, als würde sie erleichtert rufen: Ich spüre mich endlich
wieder, denn all das berührt mich aufs Tiefste! Es tut so was von gut! Ich lebe
und blühe!
Was sind das für Lichtmomente im Leben! Es scheint, als
würde man aus einem viel zu langen Dornröschenschlaf erwachen, weil ab da
nichts mehr ist wie zuvor. Das zurückliegende Leben erscheint wie ein triste
Ausführung in schwarz- weiß. Man war zwar auf der Suche nach Glück und Genuss- doch
irgendwie ist man dran vorbeigelaufen, weil man ständig nach den falschen
Glücksbringern Ausschau hielt. Wir konnten es auch nicht besser wissen, denn
die Welt tut von jeher alles dafür, uns auf dem falschen Pfad unterwegs sein zu
lassen.
Verheißungsvoll hält sie uns ihre verlockenden „Brüste“ des
Gewinns und der schnellen Vergnügungen hin…..erstickt aber gleichzeitig unsere
Sehnsucht nach den tiefen
Glücksempfindungen des Lebens. Ohne Frage, unsere Wünsche sind im
Schnellverfahren gestillt, wir können haben was wir wollen……nur- was nützt es,
wenn die Seele davon nicht zehren kann?
Dieser Umstand erzeugt in mir ständig eine Abwehrreaktion,
denn wenn es um eins geht in diesem Leben, dann ist es die verantwortungsvolle Aufgabe,
unsere Seele ausreichend zu nähren. Wie sollen wir denn sonst jemals glücklich und
gesund werden? Da versinken wir ja buchstäblich im goldnen Treibsand dieser
Welt!
Wahres Glück ist, was das Herz erreicht und die Seele
berührt. Eine höhere Wahrheit gibt es nicht, denn alles, was unsere Seele zu
berühren vermag, das hat allerhöchste Priorität in unserem Leben. Ja, ich sag
sogar: Wir dürfen uns durchaus von morgens bis abends voll auf unser inneres
Wohlgefühl konzentrieren.
„Jeder Tag muss einen Sinn haben und erhalten soll er ihn
nicht durch den Zufall,
sondern von mir.“
Rilke
Wir dürfen den ganzen
Tag bewusst Freude um Freude sammeln, in dem Wissen, dass jeder noch so kleine schöne
Moment unsere Seele lächeln lässt und mit Sicherheit auch immer mehr in die
Heilung führt.
Es mag sein, dass ich mein Leben mit einer sehr großen Ernsthaftigkeit betrachte, aber ich
weiß, dass ich ein hohes Maß an
Verantwortung trage und möchte halt den bereits
angeführten Hinweis als Orientierung nehmen:
„Es ist gut, wenn uns
die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht,
sondern als etwas,
das uns vollendet.“
Tja und hier mag sich die Frage stellen, was es mit dieser
Vollendung auf sich hat!? Bin ich vollendet, wenn ich auf dem Karrieretreppchen
ganz oben stehe oder wenn ich ein Luxusleben in einer Luxusvilla führe? Oh
nein, dieses Leben drängt nicht auf das Haben- Leben zielt IMMER auf das menschliche
SEIN hin, denn das ist die höchste Form der Existenz.
Heißt also nicht mehr und nicht weniger, als dass wir einmal
rigoros die Spur wechseln müssen…….und ab da unseren individuellen Weg gehen,
untermauert von den Wahrheiten unseres
Lebens! Erst dann beginnt das wahre Abenteuer Leben.
Das ist nämlich der
Moment, in dem die (weltliche ) Raupe der Ansicht war, ihr Leben sei zu
Ende……..nein, war aber nicht so- denn da fing lediglich ihr neues Dasein als
Schmetterling an! Aus Erfahrung weiß ich zu sagen, dass es sich ein bisschen
wie „sterben“ anfühlt- doch wir dürfen gewiss sein: Wir sterben genau dann in
ein glücklicheres höheres Leben hinein- in ein Leben, das endlich von Sinn und
Erfüllung spricht.
Für mich war es einer der langwierigsten Prozesse, meine
neuen Wahrheiten herauszufiltern- mich voller Ehrlichkeit zu fragen:
Was brauche ich für mein erfülltes Leben, damit es meiner Seele gut geht? Wo liegen meine Möglichkeiten, Stärken- wo sind meine Begrenzungen, meine Schwächen? Ich glaub, das Schwierigste ist, Abstand zu nehmen von den gesellschaftlichen Idealvorstellungen und sich dem zuzuwenden, was für einen selbst wahr und machbar ist, bzw. was sich einfach gut uns stimmig ANFÜHLT.
Und so wird man immer spezieller – für das Umfeld vielleicht
andersartiger, unverständlicher und doch erfüllt einen diese Andersartigkeit
mit innerer Freude. Noch nie war man sich selbst so nah! Oh, ich vergaß- in der
Kindheit, da gabs schon einmal solch eine intensive Nähe zu uns selbst, denn
eigentlich reisen wir ja nur in unsere vertrauten Gefilde zurück, um dennoch
von Vollendung sprechen zu können.
Irgendwie irre- als würden wir eine Rundreise machen…..um
letztendlich wieder am Ausgangspunkt anzukommen mit dem Gefühl: Hier ist ja
alles so vertraut- hier war ich doch schon einmal!????
Ich denke, wenn wir dort ankommen, wird es auch kein Problem
mehr sein, diese zwei – oben angeführten- Superkräfte wieder hervorzuholen: die
bedingungslose Liebe und das völlige Fehlen der Vorurteile, gekoppelt mit der
Fähigkeit, die ganze Schönheit der Schöpfung mit allen Sinnen wahrzunehmen.
Wir sind nun mal Liebe-
daher kommen wir
und dahin kehren wir wieder zurück….
Unser ganzer Lebenslauf wird darauf drängen, dass wir dieses
Ziel, bzw. Bewusstsein wieder erreichen. Das lässt uns ein Leben lang voller
Sehnsucht unterwegs sein……..
*Linda*