Donnerstag, 3. November 2016

Wenn der Schatz aus Erfahrung besteht…









Wenn der Schatz aus Erfahrung besteht…

Was macht eine Frau wie ich mit einem recht umfangreichen Schatz an Erfahrungen? Ich hüte ihn als eine unendlich große Kostbarkeit mit dem Wissen: Ohne dieses Wechselspiel der Höhen und Tiefen, dieses hautnahe Durchleben der schmerzlichsten Situationen wäre es mir doch nie möglich gewesen, auf der Treppe des Bewusstseins Stufe um Stufe zu erklimmen! Und hätte ich mich mit der besten Fachliteratur eingedeckt, Leben betreffend- nichts davon wäre auch nur annähernd so fruchtbar gewesen wie halt das persönliche Erspüren! Von daher hab ich niemals mit Neid auf jene geschaut, denen scheinbar ein leichtes Leben beschieden war- sondern verbeugte mich irgendwann dankbar , dass es mir vergönnt war, genau dieses Leben erleben zu dürfen! Denn eines ist Fakt: nichts davon hat es jemals „geschafft“, mich zu einem verbitterten Menschen werden zu lassen- im Gegenteil, je größer der Schatz an Erfahrungen wurde- umso offener und zuversichtlicher wurde ich!

Und ich denke, nur darauf kommt es an, denn um Leben wirklich zu erfahren, bedarf es des Schmerzes- sonst ist es nicht  Leben! Jeder Baum freundet sich wie selbstverständlich mit den Erscheinungsformen der wechselnden Jahreszeiten an- warum soll es beim Menschen anders sein?

Immer und immer wieder geht es um dieses JA zum natürlichen Zyklus des Lebens- denn wo Leben ist, muss auch das Sterben sein- wo das Erblühen ist, bedarf es auch der kargen Zeiten!



Das Weizenkorn muss sterben

Wenn ein Weizenkorn sich verstecken würde,
nicht gesät werden wollte,
sein Leben zu retten versuchte
vor der Finsternis des Bodens:

Es würde nie sprießen können,
nie einen Halm und wieder Körner bilden,
es würde nie geerntet,
zu Mehl vermahlen
und zu Brot gebacken werden;
es würde nie Hunger stillen,
Leben erhalten,
Freude schenken.

Vera Simon

Ja, ich habs oft betont- mit wachsendem Bewusstsein fiel von mir eine immense Last ab, weil mir einfach klar wurde: Auch ich wurde wie wir alle  als ( göttlicher) Same geboren, zunächst beheimatet  in der dunklen Erde. Ich hatte die Aufgabe,  nach und nach mit aller Kraft  dem Dunklen zu entsagen , Richtung Tageslicht emporzuwachsen und mich als das zu erkennen, was ich meinen individuellen, von Gott geschenkten Blühstatus nenne!

„Über raue Pfade zu den Sternen“

Seneca

Können wir diesem Prozess entsagen? Nein, denn genau das ist unsere Aufgabe hier auf Erden- darum sind wir hier! Einen anderen Grund gibt es nicht! Ich denke, nun wird  plausibel, warum ich sogar den schmerzlichsten Erfahrungen so positiv gegenüber stehe- warum sie für mich einem Geschenkkorb mit bunten Schleifen gleichkommen! Wo hätte ich als dieses Samenkorn sonst die nötige Kraft herbekommen, um mich aus der dunklen Erde zu befreien? Es ist doch der Schmerz, der uns wachsen lässt! Jede Entbehrung, Enttäuschung, Niederlage, auch Krankheiten, Verletzungen schenken uns im Grunde immer neues Wachstum, neue Erkenntnisse, neue starke Wurzeln für unseren Lebensbaum. Wünschen wir uns eine leuchtende ausschweifende Krone der Freude, des Friedens, der Liebe, der Leichtigkeit, der Erfüllung, muss auch das Wurzelwerk entsprechend ausgebildet sein!



Und wenn das Tal noch so tief,
das Dunkel
noch so finster,
die Leere ringsum
noch so lautlos,
die Stützen noch so brüchig.

Es gibt keinen noch so ungangbaren Pfad,
der nicht ein Weg wäre,
der zum Ziel führt,
wo wieder Helle herrscht,
die Furcht keine Gewalt mehr hat,
die Tränen trocknen,
der Schrecken ein Ende findet.

Vera Simon


Die heutigen Trostsprüche entnahm ich dem Buch „Kopf hoch“- ein Geschenk, das ich vor Jahren erhielt, in einer Phase, in der es mir sehr schwer fiel, meinen Kopf hochhalten zu können. Da suchte ich sehr oft nach den berüchtigten Strohhalmen, die mir etwas Halt versprachen. Es gibt einfach Zeiten im Leben, da scheint sich alles gegen einen verschworen zu haben und wie oft sagte ich: Ich hab ein Gefühl, als würde ich mich im Zustand der Starre befinden. Man scheint auf der Stelle zu treten und möchte  so gern weiter gehen- doch es kommt kein Impuls! Ich denke, auch diese Verzögerungen wollen angenommen sein- sie schenkten mir das Maß an Geduld und das Wissen, dass es niemals nach dem geht, was ich mir so vorstelle. Ja, in solchen Phasen entwickelt sich so etwas wie Achtung vor dem Leben.



„Ein Mensch sieht in die Zeit zurück
und sieht: sein Unglück war sein Glück!“

Eugen Roth

Es wird weitergehen- denn Leben ist immer in Bewegung, das dürfen wir nicht vergessen- doch manche Dinge brauchen und haben ihre ganz eigene (Wachstums-) Zeit.
Mir hat es in solchen Phasen ungemein geholfen, mich zurück zu lehnen und auf das zu schauen, was sich an Lebensmosaik bereits zusammengesetzt hatte. Erkannte ich nicht immer und immer wieder diese geheimnisvolle Ordnung in der Anordnung der einzelnen „Steinchen“? Nichts davon hätte jemals anders sein dürfen, anders verlaufen dürfen! Eins baute auf das Andere auf, auch wenn mir das Prinzip, wenn ich so mitten drin steckte-  nicht bewusst war! Doch ich bin der festen Überzeugung, dass wir später, wenn wir in der Vogelperspektive auf des Berges Gipfel stehen, genau das erkennen werden: ein Bild von Leben, das vollkommener nicht sein kann und dann wird unser Anliegen die tiefe dankbare Verbeugung vor dem Leben sein!

Von daher berührte mich folgender Spruch sehr:

„Irgendwann, da hat man nur noch Ahnungen von positiven Ereignissen!“

Nein, das heißt jetzt nicht, dass der Schmerz sich für alle Zeit verabschiedet und wir auf der Wolke Sieben schweben- doch es wird möglich, sogar das, was weh tut, als etwas Gutes zu sehen, weil unser Lebensbild nach Vervollständigung ruft- oder so wie ich es betrachte: der Seelenplan nach Erfüllung ruft!



Sich mit heiterer Gelassenheit
in sein Schicksal fügen-
wäre das nicht der Gipfelpunkt
der Lebenskunst?

Werner Mitsch

All dies schreibt eine Frau, die sehr viel Schmerz erfahren hat- doch ich hab ihn mittlerweile in Liebe und ins Vertrauen zum Leben umgewandelt, weil ich lernte, auf seinen Wellen zu reiten und seine Magie  anzuerkennen. Leben ist und bleibt ein ewiges Geheimnis ( aber ein sehr schönes!!!)  und wenn wir das annehmen können, dann sind wir auf dem richtigen Wege, trotz manch geweinter Träne in dunklen Stunden!

©*Linda*

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