Gestern hab ich mich mal wieder gefragt: Soll ich nun
traurig oder froh sein über die Erkenntnis, dass ich gar nicht in diese gängige
Welt passe? Da lebe ich seit langer Zeit hier und wurde – ehrlich gesagt- niemals richtig heimisch! Ja, das ist
definitiv ein Grund, enttäuscht zu sein und doch darf ich mich freuen, es
überhaupt erkannt zu haben.
Nun könnten viele
Gegenstimmen ertönen, schließlich ist hier alles in Hülle und Fülle vorhanden. Wir
leben in einer Wohlstandsgesellschaft-
da bleiben keine Wünsche unerfüllt. Bin ich etwa undankbar?
Ich denke mal nicht, weil ich mir eines Tages vor Augen
führte: Das, was ich für mein glückliches Leben ersehnte, das suchte ich hier
bisher leider vergebens. Es waren zufriedenstellende Antworten – z.B. auf die
Fragen:
Was ist eigentlich
wahre Liebe?
Was braucht der
Mensch, um glücklich zu sein?
Wie finde ich tiefe
Erfüllung, die bis zum letzten Tage anhält?
Warum bin ich
eigentlich hier auf Erden?
Was ist der Sinn des
Lebens?
Zugegeben, eine Zeitlang vertraute ich auf die Antworten
dieser oberflächlichen Welt- war in dem Glauben, ich sei hier, um auf der
Karriereleiter möglichst weit nach oben zu klettern. Ja, ich hielt es auch für
wahr, dass Erfolg darin besteht, sich auf der Bühne des Welttheaters möglichst
gut darzustellen, so nach der Devise: Wenn der Applaus stimmt, die Erwartungen
der Anderen erfüllt sind, sie dir wohlwollend zunicken, hast du alles richtig
gemacht. Dann darfst du dich liebenswert nennen.
Ohne Frage- ich war ein Meister in der Umsetzung dieser
gesellschaftlichen Spielregeln! Was hab ich nicht alles unternommen, um die
Erwartungen meiner Mitmenschen zu erfüllen. Da konnte ich das dickste NEIN im
Mund verspüren, mich fast daran verschlucken- hab trotzdem JA gesagt! Und das
praktizierte ich im beruflichen wie privaten Bereich grandios! Wäre es so
weitergegangen, dann hätte später auf meinem Grabstein stehen können:
„Super“- ich habe allen gefallen………nur……… mir selbst nicht!“
Wenn ich das gerade so schreibe, ist mir ganz und gar nicht
nach lustig. Im Gegenteil, keinen Umstand hab ich so ernsthaft ins Visier
genommen, wie diesen! Heute sag ich ganz klar: Meine selbstlose Haltung war der
reinste Selbstverrat – mehr Untreue mir gegenüber ging ja gar nicht! Und es kam
niemand daher, um mich aus dieser Haltung zu befreien und mir zu sagen:
Nächstenliebe schön und gut- aber bitte erst, wenn du dich selbst aus ganzer
Seele liebst! Sonst gerätst du in die Gefahr, dich ganz und gar zu verlieren.
Bevor du zu anderen gehst, um zu schenken, ist es nötig, dass du alleine stehen
kannst wie ein Baum, der mit seinen starken Wurzeln im Erdreich verankert ist.
Sorge zuerst für dich
selbst
Löse erst deine
inneren Konflikte
mit Achtsamkeit und
Güte
Dann versöhne dich
mit anderen Menschen
und lerne,
sie zu verstehen und
zu lieben.
Von unbekannt
Es heißt in der Bibel: Liebe deine Mitmenschen so, wie du dich selbst
liebst! Ist schon sehr viel Wahres dran – setzt aber allerdings voraus, dass
wir lernten, uns in gesunder Weise selbst wertzuschätzen und mit all unseren
Stärken, Schwächen, Ecken und Kanten anzunehmen- bedingungslos! Es ist so
wichtig, zu wissen, wer wir denn eigentlich sind- dass wir mit uns selbst im
Reinen sind.
Erweise dich als
Schale,
die wartet, bis sie
gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt
sie das,
was bei ihr
überfließt,
ohne eigenen Schaden
weiter.
Wenn du kannst, hilf
mir aus deiner Fülle,
wenn nicht, dann
schone dich.
(von
Bernhard von Clairvaux)
Ist ja so: Ich kann schlecht etwas nach außen geben, wenn es
nicht in mir vorhanden ist. Sonst gebe
ich nämlich aus meinem Mangel heraus und ruck zuck, bin ich noch leerer als
vorher. Nichts Anderes tat ich in meinem alten Leben und darf mich nachträglich
nicht wundern, dass in mir nur noch gähnende Leere war.
Hier denke ich so gern an meine kleine Tochter, die damals auf
mich zugesprungen kam- mit den Worten: „Ich bin so voller Liebe!“ Und dann
wurde ich gedrückt, umarmt, geküsst, dass es mir fast den Atem nahm! Sie hatte
in dem Moment dermaßen viel Liebe in sich, dass sie schon gar nicht mehr
wusste- wohin damit! Diese Erfahrung werde ich mein Leben lang nicht vergessen,
weil sie mich enorm viel lehrte.
Was wäre das für eine wundervolle Welt, wenn die Menschen dermaßen
mit Liebe gefüllt sind, dass diese regelrecht überfließt? Vielleicht sollten
wir ja wirklich wieder so einfach werden wie die Kinder, um das zu erleben? Wir
sind doch alle viel zu erwachsen, zu vernünftig geworden auf der Bühne des
Welttheaters.
Ich weiß nur: Meine Tochter, so klein wie sie damals war-
hatte uns Erwachsenen eine Menge voraus. Sie wusste noch nichts von weltlichen Spielregeln- sie lebte aus
sich heraus, war ganz in sich daheim und spürte von allein, dass sie ganz viel
Liebe in sich trug. Sie wusste es sogar
von allein zu benennen, ohne dass es ihr gesagt worden ist!
Und wir Erwachsenen? Sind wir auch IN UNS daheim und rufen voller Freude: Wir
sind voller Liebe!? Zumeist nicht, denn wir wurden von unserer inneren
Liebesquelle abgeschnitten - genau da, als man begann, uns auf diese Bühne der
Entfremdung zu zerren. Von da an arbeiteten wir emsig für irgendwelche Ideen-
geformt aus den Vorstellungen unseres Umfeldes:
……für die Idee von
uns selbst
……für die Idee von
Liebe
……für die Idee vom
Sinn des Lebens….
Und weil sie sich so verdammt glaubwürdig anhörten, haben
wir diese Ideenvielfalt nie hinterfragt.
Im Grunde kann ich meiner Tochter so dankbar sein, denn sie
öffnete mir die Augen für das Wesentliche und für die tiefste aller Wahrheiten.
Wollen wir z. B. wissen, wo die Quelle der wahren Liebe entspringt, dann werden
wir sie „nur“ finden, wenn wir bereit sind, nach innen zu gehen, um zu
erspüren, was da in uns an Kostbarkeit verborgen ist.
Und das ist gewiss: JEDER trägt diese Liebe in ganzer Fülle
in sich. Sie hat sich ja nicht einfach in Luft aufgelöst. Als wir klein waren,
da konnten wir doch spüren, wie liebesfähig wir sind! Wir müssen dieses Wissen
nur wieder ins Leben rufen.
Übrigens hat dieses Bewusstsein einen enormen Schub in mir ausgelöst,
denn ich verstand auf einmal: Kein Mensch muss sich angehalten sehen, nach Liebe
zu suchen, womöglich noch um sie zu kämpfen- wo sie doch längst in uns ist!
Wenn ich noch daran denke, was ich alles tat- für ein bisschen Anerkennung- für
das Gefühl- geliebt zu sein. Immer schien das Urteil der Anderen
ausschlaggebend zu sein. Sie sagten mir, wann und ob ich wertvoll bin! So ein
Blödsinn! Wertvoll sind wir von Geburt aus ALLE, weil Gott uns so liebt, wie
wir sind und das bis in alle Ewigkeit.
Geliebt
Du darfst wissen,
du bist einmalig,
ein unverwechselbares
Original.
Du darfst wissen,
es ist gut so, wie du
bist
mit deiner Begabung
und deinen
Verletzungen.
Du darfst wissen,
für alle Schuld und
alles Versagen
gibt es Versöhnung.
Du darfst wissen,
ein Gespräch mit Gott
gibt neue Kraft und
Perspektiven.
Du darfst wissen,
Gott ist da; näher
als die Luft,
die dich umgibt.
Jacob Abrell
Hole ich jetzt noch einmal meine vorangegangenen Fragen
herunter, dann lautet die Antwort auf jede dieser Fragen: Liebe, immer wieder
Liebe!
Was braucht der
Mensch, um glücklich zu sein?
Die Gewissheit, in
sich die ganze Fülle der Liebe zu tragen………
Wie finde ich tiefe
Erfüllung, die bis zum letzten Tage anhält?
Wenn ich aus ganzer
Seele lieben darf- mich selbst und meine Mitmenschen…
Warum bin ich hier
auf Erden?
Weil ich spüren
möchte, was es heißt, aus ganzer Seele zu lieben und geliebt zu werden.
Was ist der Sinn
eines jeden Lebens? Nicht nach Liebe zu suchen, sondern Liebe zu SEIN.
Dann dürfen wir uns
sagen: Jetzt habe ich den tiefen Sinn meines Lebens gefunden!
Ich denke, es ist nachzuvollziehen, warum ich zu dem Schluss
kam, nicht in diese Welt zu passen, denn Antworten auf meine wichtigsten Fragen
hat sie mir niemals geben können und wird sie mir bis zum St. Nimmerleinstag niemals
erteilen. Eigentlich ganz schön traurig, dass es so ist. Aber eines weiß ich:
Wenn ich weitere Fragen habe, dann wende ich mich einfach an
Gott, denn er oder vielmehr sein Wort sind ein prima Leitfaden in Sachen Liebe und Leben. Und ich
weiß noch was: Mich verirren, in
Sackgassen landen, ziellos und suchend herumlaufen- das wird mir nicht mehr
passieren. Die Zeiten sind „Gott sei Dank“ vorüber.
*Linda*