Wandlung ist die natürliche Bewegung des Lebens
Immer und immer wieder wird mir bewusst, dass Leben längst
nicht das heißt, als was es uns von jeher angepriesen wurde/ wird und ich bin
heute heilfroh, noch rechtzeitig die Kehrtwende geschafft zu haben. Mittlerweile
kann ich es drehen und wenden, wie ich möchte- es kommt immer aufs Gleiche
heraus: Leben ist in erster Linie ein immerwährender Aufruf, uns zu dem
Menschen hinzuentwickeln, der wir wirklich sind. Die menschliche Vollendung wird dann ihren
Höhepunkt erreichen, wenn wir in unserem Herzen angekommen sind. Etwas Anderes
gibt es meiner Ansicht nach in diesem Leben nicht zu tun, als sich bewusst auf
dieses Reiseziel zu konzentrieren.
Doch so war ich nicht immer unterwegs!
Vor ein paar Tagen fand ich folgenden kleinen Text:
Ein Mann sitzt im Bummelzug. Bei jeder Station streckt er
den Kopf zum Fenster hinaus, liest den Ortsnamen und stöhnt. Nach vier oder
fünf Stationen fragt ihn sein Gegenüber besorgt: “Tut ihnen etwas weh? Sie
stöhnen so entsetzlich.“ Da antwortet der Mann: “Eigentlich müsste ich
aussteigen. Ich fahre in die falsche Richtung, aber hier drinnen ist es so
schön und warm.“
Die Situation des Mannes kam mir unheimlich bekannt vor,
denn auch ich saß wie er über eine extrem lange Zeit im „Bummelzug meines
Lebens“, ließ eine Station nach der anderen an mir vorüberziehen, obwohl ich
tief drinnen spürte, dass ich irgendwie falsch unterwegs war. Auch ich stöhnte
innerlich, denn mein Leben sprach wahrlich nicht von Zufriedenheit oder gar
Erfüllung- aber das Dilemma war: Ich wusste absolut nicht, was da eigentlich so
falsch lief und es war auch niemand da, der mir hätte die Antwort geben können!
Und so fuhr und führ ich die „Bahnstrecke“ weiter……..denn es fühlte sich trotz
allem auch für mich warm und vertraut an. Heute weiß ich allerdings: Diese
Reise war ein Trip nach Nirgendwo……..und wahrscheinlich wäre ich noch bis zum
St. Nimmerleinstag so unterwegs gewesen…..wenn da nicht eines Tages, in meinem allergrößten
Schmerz das Leben bei mir angeklopft hätte mit der Bitte, doch endlich
auszusteigen und den Zug in die entgegengesetzte Richtung zu nehmen.
Ja, das Leben rief mich zur Umkehr auf und heute sage ich:
Gott sei Dank für diesen Wachrüttler! Mit Sicherheit gibt es hier nichts
schönzureden, denn schließlich steht man erst einmal sehr orientierungslos auf
dem „Bahnsteig“des Lebens herum…..in dem Bewusstsein: So, das alte Leben fährt
gerade davon, aber im neuen bin ich auch noch nicht angekommen! Und sowieso-
wer gibt mir eigentlich die Gewissheit, dass es mir irgendwann besser geht?
Ja, es erfordert immens viel Mut, sich ganz neu auf die
Reise zu machen, aber ich geh heute davon aus, dass in dieser Hilflosigkeit
nichts so hilfreich ist wie diese innere Stimme IN UNS! Sobald ich nämlich mit
ihr den Kontakt aufnahm, wurde ich quasi in dieses neue Leben hineingezogen-
Impuls für Impuls, Schritt für Schritt betrat ich neues Land und spürte
komischerweise eine Art von Vertrautheit. Ich hatte das Gefühl, ich wäre vor
langer langer Zeit schon einmal dort gewesen! War ich nämlich auch- als ich
ganz klein war……bis mir dann die große weite Welt von ihrer Art zu leben
erzählte. Da gab es plötzlich so was wie feste Prinzipien, irgendwelche
hochgesteckten Ziele und alles schien darauf hinauszulaufen, dass ich erst noch
etwas werden müsse, dass es erstrebenswert sei, viel zu leisten, zu besitzen
und genügend Applaus auf dieser großen Weltbühne zu bekommen.
Doch es wird wohl in jedermann Leben irgendwann so wie bei
mir dieser eine große Aufwachmoment kommen, in dem wir recht schmerzlich
begreifen, wie vertrauensvoll wir ein Leben lang auf „ihren“ Schienen unterwegs
waren….und wie wenig das mit dem wahren Sinn von Leben zu tun hatte.
Ganz ehrlich? Wir haben im Grunde alle den Reichtum unseres Lebens verschenkt- ohne
überhaupt zu wissen, was wir uns da antun.
Da fand ich z.B. folgenden Hinweis:
Wenn dich das Leben lieben soll, dann musst du die Liebe
leben, denn die Liebe ist der Kreislauf des Herzens und der Atem der Seele und
davon ab: Liebe ist nun mal die Musik unseres wahren Wesens.
Wer bitteschön hat uns jemals darauf hingewiesen, dass jeder
von uns in sich eine ganz besondere Lebensmelodie der Liebe trägt? Im Gegenteil-
wir wissen zumeist gar nicht, was Liebe überhaupt ist! Wie sollten wir auch- denn
sie finden wir nur IN UNS und schon mal gar nicht auf der großen Bühne!
Doch wie verträgt sich jedes angesagte Bühnengeschehen mit
der Behauptung:
„Die menschliche
Vollendung wird dann ihren Höhepunkt erreichen, wenn wir in unserem Herzen
angekommen sind.“
Ich denke, es ist nachzuvollziehen, dass diese Umkehrfahrt
im Leben dringend notwendig sein wird, um überhaupt von einem sinnerfüllten
Dasein sprechen zu können- um endlich den ersehnten Frieden in uns zu finden.Es
heißt nämlich auch: Unsere ganze Lebenskraft hängt vom inneren Zustand der
Zufriedenheit ab und da bedarf es nun mal des Seelenfriedens. Ja, diese Reise
wird mitten ins Herz gehen und was sie so schwierig macht, ist der Umstand,
dass wir an unseren alten Kindheitswunden nicht vorbeikommen. Wir werden gewiss
nicht von heut auf morgen voller Leichtigkeit in ein neues Leben springen, denn
da hat sich so viel Altmüll angesammelt, der beseitigt werden will. Alte
Überzeugungen, kindliche Glaubensmuster, dieses völlig verkorkste Bild von
Leben, das mit den tiefen Bedürfnissen des Menschen recht wenig zu tun hatte.
Hier führe ich mir sehr gern die Erkenntnis von Konfuzius
vor Augen:
„Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu handeln; erstens
durch Nachdenken, das ist das edelste,
zweitens durch Nachahmen, das ist das leichteste
und drittens durch Erfahrung, das ist das bitterste.“
Konfuzius
chinesischer Philosoph und Staatsmann
* 551 v. Chr., † 479 v. Chr.
chinesischer Philosoph und Staatsmann
* 551 v. Chr., † 479 v. Chr.
Da ich ein bisschen Wegerfahrung mitbringe, weiß ich heute
zu sagen: Wünschen wir uns ein qualitativ hochwertiges Leben, dann werden wir
nicht drum herum kommen, viele schmerzvolle Erfahrungen zu durchleben.
Irgendwo las ich mal: Mit jedem Schmerz, jedem Ereignis,
jeder Begegnung wächst unsere innere Landschaft. Und ich denke, genau darum
geht es im Leben- dass wir diese Vielfalt unseres Innenlebens ganz neu
entdecken, denn unter all dem Müll, da finden wir auch die Schönheit unseres
Seins- da ist eine unsagbare Fülle!
Ich glaub, es ist Andreas Bourani, der singt: „Wo wir uns
selbst begegnen, da fallen wir mitten ins Leben!“
Nichts im Außen wird uns jemals diese Begegnung mit uns
selbst ersetzen können – kein Geld, kein Besitz, kein Ansehen! Das wahre
erfüllte Leben wird sich erst dann zeigen können, wenn wir die Nähe zu uns
selbst gefunden haben, bzw. unsere innere Heimat zum Erblühen brachten.
Dann dürfen wir, ohne zu überheblich zu sein, auch
frohlocken:
„Ich bin das Beste, was mir je passiert ist!“
Warum auch das sein darf?
Ich spreche sehr oft von dem „neuen“ Menschen, weil ich
denke, wir dürfen uns ganz neu in unserem Menschsein begreifen.
Jeder Mensch ist ein absolutes Original mit einer ganz
eigenen Persönlichkeit und es entspricht der Würde eines jeden, diese
Individualität zu entfalten, zu stärken und vollständig zum Ausdruck bringen zu
können. So ist unser aller Leben gedacht und das bedeutet konkret:
Der Mensch ist genau richtig, so wie er ist und besitzt das
Geburtsrecht wie auch die Würde, nach seinen Möglichkeiten, Fähigkeiten, aber
auch Begrenzungen zu blühen! Und hier muss jeder Anspruch nach Perfektion,
Leistung, Funktionieren wegfallen! Das passt einfach nicht, denn es geht um die
absolut freie Entfaltung des Seins.
Dazu gibt’s ein schönes Vorbild….eine Schule, in der es
nicht nur das Schulfach „Mensch“ gibt, sondern auch einen Schulleiter, der
sagt: Nicht unsere Schule bestimmt, welche Schüler für uns passend sind- nein-
die Schule, bzw. der Lehrplan richtet sich nach der Individualität und den Bedürfnissen
der Schüler! Folglich ein System, das es schafft, sich den Menschen anzupassen
und nicht umgekehrt. Und ich denke, genau so muss es sein- denn wir sind keine
Maschinen in Einheitsausführung, sondern einzigartige Wesen mit dem Wunsch, uns
individuell weiterzuentwickeln- immer mehr zu dem Menschen zu werden, der wir
wirklich sind.
Im Grunde ist es plausibel, denn kein Mensch wird jemals
etwas anderes darstellen können, als es in ihm angelegt ist. Wir können unser
Leben nur aus dem Holz schnitzen, das wir mitbekommen haben. Und augenblicklich
fällt etwas sehr Belastendes fort: nämlich die trügerische Annahme, dass wir
uns nach irgendwelchen äußeren Vorgaben zu richten haben.
„Du bist gut und wertvoll, so, wie du bist, denn so bist du
von Gott gewollt.“
Den Zuspruch hätte man uns in früher Zeit mit auf den Weg
geben sollen! Dann wären jedes Verbiegen, jedes Gefallen wollen, jede daraus
resultierende Orientierungslosigkeit von
vornherein weggefallen. Dann wären wir uns unserer selbst bewusst gewesen und
hätten von Anfang an unseren Solotanz getanzt, statt in der Masse mitzulaufen,
in dem Glauben, wir müssten tun und sein, was alle so tun, bzw. sind.
Es kommt für mich eines tragischen Umstandes gleich, dass
der Mensch, will er wirklich glücklich werden in dieser Welt wahrlich gegen den
Strom schwimmen muss, weil er erkennt, dass all das Gängige und scheinbar
Normale mehr Schein als Sein ist.
Ja, es wird um Heilung gehen, um die tiefgreifende Heilung
unserer verwundeten Seele- doch weil sie so sehr darauf erpicht ist, wieder
gesund zu werden, tut sie alles dafür, damit wir dieses eine große Ziel
erreichen. Wie auch immer- aber sie zieht wie durch Wunderhand genau das ins
Leben, was wir individuell benötigen, um nach und nach unsere alten Verstandeshäute
abzuwerfen- so lang, bis wir im Herzen und auch in der Liebe angekommen sind.
Ob wir nun an Gott glauben oder nicht- doch ich sag mal:
Gott ist der Hüter unserer Seelen und wird alles daransetzen, dass jeder in
seine innere Schönheit zurückfindet und sich in seiner Einzigartigkeit
begreift. Gott bringt Ordnung in unser chaotisches Leben und wer sich ihm
anvertraut, wird irgendwann den Himmel auf Erden erleben. Wir dürfen uns klar
vor Augen führen: Unsere chaotische unmenschliche Welt mit ihren eingefleischten
Prinzipien, ihrer Wertuntreue, ihrer Unmoral, ihren fragwürdigen Zielsetzungen
hat mit Gottes Vorstellungen rein gar nichts zu tun. Es heißt ja nicht ohne
Grund nach Gottes Willen: Jagt dem Frieden, der Gerechtigkeit, der Liebe, der
gegenseitigen Wertschätzung nach, denn Gott sieht uns als eine große
Gemeinschaft- mit dem Auftrag, einander zu ermutigen, aufzubauen und einander
höchsten Respekt entgegen zu bringen.
Ich finds gut, dass Gott sich nie und nimmer von seinem
Vorhaben abbringen lassen wird- dafür liebt er uns alle viel zu doll! Gut, er
könnte uns links liegen lassen, uns weiter in der Irre suchend herumlaufen
lassen…….doch jeder von uns ist ihm viel zu wichtig.Er wünscht sich nichts
mehr, als dass wir zu ihm zurückkehren- als seine über alles geliebten Kinder.
Gott gibt uns nicht auf- immer wieder erhalten wir neue Chancen, um unsere
Seelen zu heilen, zu erlösen, um uns aus den Verstrickungen dieser sündigen
Welt zu befreien.
Hinsichtlich dieser Erkenntnis befinde ich mich heute in der
Haltung, zu sagen: „Gott, schenk mir ruhig schmerzvolle Erfahrungen, damit ich
erkennen kann, wo ich immer noch etwas lebe, was dir nicht gefällt.“ Ja, mein
Gottvertrauen ist grenzenlos- es ist die Frucht meines gelebten Lebens unter
der Führung eines liebevollen Gottes, der zu jeder Zeit um mein höchstes Seelenwohl
bemüht war. Nein, wenn wir so mittendrin stecken im Leid, dann verstehen wir
den Sinn nicht- doch später, da wird uns bewusst, dass genau dieser Schmerz zu
unserer Heilung beitrug.
Was ist Leben aus der heutigen Sicht für mich?
Es ist eine große Abenteuerreise mit einem wunderbaren Gott
und mit Aussicht auf ewiges Seelenglück.
*Linda*
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen